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Olaf Scholz über Hamburg und die Grünen"Ich lästere nicht"

Olaf Scholz will Bürgermeister in Hamburg werden. Ein Gespräch über sein Verhältnis zu den Grünen, seinen Mangel an Feinden und Minister mit Migrationshintergrund.

Scholz will, dass sie sichtbarer werden: Junge Musliminnen, hier als Zuschauerinnen in der Hamburger Bürgerschaft. Bild: dpa
Interview von J. Kahlcke und G. Repinski

taz: Herr Scholz, haben Sie sich schon bei den Grünen bedankt? Die Neuwahlen in Hamburg bescheren Ihnen einen Auftakt nach Wunsch im Jahr 2011.

Olaf Scholz: Nein. Schwarz-Grün war nach dem Rücktritt des Finanzsenators am Ende. Die Aufkündigung der Koalition durch die GAL war da nur konsequent.

Wie freundschaftlich ist Ihr Verhältnis zu den Grünen?

Die meisten führenden Grünen kenne ich schon lange. Wir sind uns immer freundschaftlich verbunden geblieben. Das muss gehen in der Politik - und das geht auch.

Bei anderen Sozialdemokraten hört man fast in jedem öffentlichen Statement eine Spitze gegen die Grünen. Eine bewusst andere Strategie?

Bild: dapd
Im Interview: 

Olaf Scholz, 52, ist SPD-Vorsitzender in Hamburg und stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion. Von 2002 bis 2004 war er Bundesarbeitsminister. Bei der Neuwahl in Hamburg am 20. Februar will er Erster Bürgermeister werden. Zu der vorgezogenen Wahl kommt es, weil die Grünen die Koalition mit der CDU verlassen haben.

Ich empfehle der SPD und den Grünen einen entspannten Umgang miteinander. Trotz verschiedener politischer Konzepte sind es die Parteien in Deutschland mit den größten Schnittmengen. 2001 sind SPD und Grüne in Hamburg im Streit auseinandergegangen.

Was wollen Sie besser machen?

Die SPD hat aus fast zehn Jahren Opposition gelernt. Ich sehe keine problemfreie Welt. Aber es ist möglich, gut miteinander Politik zu machen.

Mit einem Protestpapier der Seeheimer kam gerade eine Strategiediskussion auf. Können Sie sich jetzt um diese drücken?

Wir haben seit der letzten Bundestagswahl mit dem für uns schlechten Ergebnis eine Langstrecke zu bewältigen. Wir stehen besser da als die Regierung. Rot-Grün hat mehr Rückhalt bei den Bürgerinnen und Bürgern als Schwarz-Gelb. Vertrauen für die SPD kann aber nur langsam wachsen. Und wir werden jetzt nicht hektisch bis nachts um zwei Papiere verfassen, um sie am nächsten Morgen verkünden zu können. Wie setzen auf eine sorgfältige Entwicklung belastbarer Konzepte.

Ist für Sie die aktuelle Situation keine Krise?

Gemessen an dem, was nach der Bundestagswahl hätte passieren können, steht die SPD gut da. Sollen wir uns jetzt den Blick dafür verbauen, nur weil wir in den Umfragen noch nicht so gut stehen, wie wir uns wünschen?

Die SPD steht in vielen Themen zwischen den Positionen von CDU und Grünen - Stuttgart 21, Integration. Müssen Sie jetzt nicht klare Kante zeigen?

Nein. Unsere Vorschläge müssen visionär sein, sie müssen aber vor allem funktionieren. Wenn links und rechts von uns Parteien Dinge vorschlagen, die nicht funktionieren, müssen wir darüber nicht besorgt sein.

In einer streitlustigen Partei wie der SPD haben Sie kaum Feinde. Was ist eigentlich das Geheimnis von Olaf Scholz?

Ich lästere nicht. Auch nicht, wenn kein Mikrofon angeschaltet ist. Vielleicht liegt es daran.

Holen Sie eine Migrantin oder einen Migranten ins Kabinett?

Ich habe seit Jahrzehnten Migrantinnen und Migranten in der SPD gefördert. Aber ich werde kein Schattenkabinett aufstellen. Das ist eine Marotte, die es in vielen anderen Ländern gar nicht gibt. Wenn ich einen Regierungsauftrag habe, werde ich eine Regierung bilden - mit den besten Leuten. Es wird sicher auch Überraschungen geben.

Was hat die SPD bei dem Thema Migration verschlafen?

Wir sind in dem Thema engagiert. Ich wünsche mir, dass das sichtbarer wird. Und wir dürfen uns in Fragen der Integration nicht ausruhen.

Es ist Ihnen richtig ernst?

Ja, das Thema liegt mir am Herzen. Ich habe vor Jahren die heutige Hamburger Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz in die Politik geholt. Sie ist ein Talent. Es ist wichtig, dass möglichst viele Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und sich in die Politik einmischen.

Ist es für die SPD Zeit, einen Migranten zum Minister zu machen?

Ja, die Zeit dazu ist längst gekommen. In allen Bundesländern. Auch in Hamburg.

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10 Kommentare

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  • H
    Hatem

    Wo ist denn Bülent Ciftlik geblieben, Herr Scholz?

    War der "Obama von der Alster" nicht als Senator vorgesehen?

  • H
    HoLLa

    Gehts den jungen Musliminnen, die uns nun permanent und mit Kopftuch präsentiert werden, eigtnlich um die "Sache" in der Bürgerschfat; oder geht es darum, Präsenz zu zeigen und uns an ihren Anblick zu gewöhnen?

  • O
    Oli

    Ich sehe in diesem Scholz nur einen Aufsteiger, der vor allem durch seine Aktivitäten für Hartz-IV und die Agenda 2010 Furore gemacht hat. Dass die CDU in Hamburg keine gute Politik gemacht hat, das ist seit 2001 nachvollziehbar und das spiegelt sich jetzt in den Umfragen wieder. Aber wer erwartet von der SPD 2011 echte Verbesserungen?

    Selbst das Ankurbeln des sozialen Wohnungsbaus wird erst in ein paar Jahren spürbar sein. Und auch dann stellt sich die Frage, ob die SAGA-GWG das überhaupt alleine schaffen kann. Auch beim Thema Studiengebühren lehnt er sich nicht raus. Fragt sich, was will er eigentlich? An die Macht. Und wenn die Linke ein schlechteres Ergebnis erhält und er Rot-Grün schafft, dann macht er weiter Karriere in der SPD, dann könnte er auf die Kanzlerschaft hoffen.

    Und das bedeutet eventuell Hartz-V und VI... aber ohne mich.

  • F
    Farbenseher

    ...an diesen Kommentaren sieht man mal wieder, warum es sinnvoll für die Politik war, den Nebenkriegsschauplatz "Integrationsdebatte und Muslime" zu eröffnen.

     

    Beste Nebelgranaten für alle latenten Rassisten (Wozu offensichtlich eine Menge Deutsche gehören) um von den tatsächlichen Sauereien abzulenken.

     

    Zum Beispiel der Tatsache, dass man mit Olaf Scholz alles, aber sicher keinen Sozialdemokraten wählt. HartzIV Olaf ist schwarz wie die Nacht finster oder anders: Wer rot wählt, wird sich schwarz ärgern.

  • K
    Kati

    Die SPD sucht sich als Ganzes ja in den Migranten ein neues Stammwählerpublikum. Nach zuletzt 23% wünsche ich ihr deshalb ein Ergebnis unter 20 %.

  • N
    Nadi

    Die Gefahr besteht, dass Scholz zu viele Freunde in seiner Partei hat. Mal im ernst: Dieser Mann wird wahrscheinlich Bürgermeister, aber was ändert sich positiv für den Normalhamburger?

    Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieses Rot-Grün nicht anders wird als Schwarz-Grün, aber für die GAL ist die SPD schwieriger. Schon alleine, weil die SPD stark nach Rechts gegangen ist in den letzten Jahren (Siehe Putsch gegen Annen/Runde etc.).

    Und Scholz wirkt auf mich auch wie ein Musterschüler ohne Gefühle.

  • H
    Hannseat

    Ich werde Scholz wählen. Nicht weil ich SPD-Fan bin sondern weil mich das Verhalten der CDU-Riege einfach nur anwidert.

     

    Der Bürgermeister wirft seinen Job hin, weil er lieber mit 19jährigen Jungs rumschmust und ist jetzt Luxusrentner auf Sylt.

     

    Finanzsenator korrupt- wirft hin weil er erwischt wurde. Sonst hätte er weitergemacht-.

     

    Senator mit Mig-Hintergrund hatte die CDU ebenfalls zu bieten. Inklusive Korruptionsaffäre.

     

    Als neuen BM präsentiert uns die CDU einen Herrn Ahlhaus den keiner kennt.

     

    Mir reichts.

    So schlecht kann Scholz gar nicht werden.

  • M
    migräne

    Hmm, ich hätte noch gerne erfahren, ob er Migranten auch so mag, wie die taz-Interviewer...

  • AH
    Alvar Hanso

    Olaf Scholz: "Unsere Vorschläge müssen visionär sein, sie müssen aber vor allem funktionieren."

     

    Eben. Und was wäre "visionärer" als sich von jedem billigen "Sachzwang" aus der gammeligen Realpolitikkiste medial treiben zu lassen.

    Oder ist damit der konkret-visionäre Wählerverrat gemeint, bei dem man vor der Wahl links blinkt und anschließend in Regierungs-"Verantwortung" hart rechts abbiegt?

    Und überhaupt:

    Ich dachte gerade die Hamburger SPD-Funktionäre seien gegenüber allem Visionären - also diese ganzen unpragmatischen Hirngespinste ewiger Idealisten - ausreichend geimpft.

     

    Oder kommen die "Visionen" wieder von Aussen?

    Wie die wichtigen Gesetze ja auch nicht aus der Ministerialbürokratie kommen, sondern von der Privatwirtschaft.

     

    War das vielleicht der Grund, warum Olaf Scholz dieses Jahr sogar das Bilderbergertreffen besuchen durfte? So als einziger deutscher Berufspolitiker neben hochrangigen Managern?

    Entstammen die "visionären" Vorschlage, von denen Scholz spricht also wiedereinmal abgehobenen Eliten die ohne jegliche demokratische Legitimation qua ihrer Wirtschaftmacht die Politik des Landes bestimmen?

  • AM
    Arg Müller

    Was für eine dämliche Gleichsetzung von "Mirgant_innen" mit "Muslim_innen" (die dann natürlich auch Kopftuch tragen - was kein Problem ist, aber sorry, ihr ergeht euch in Klischees)!