Olaf Scholz im Umfragenrausch: Der Aufstieg von Mr. Niederlage
Er hat grandios verloren. Jetzt sehen Umfragen SPD-Mann Olaf Scholz als strahlenden Sieger der Hamburg-Wahl. Vielleicht ist das erst der Anfang.
BERLIN taz| Wenn er die Erwartungen erfüllt, rückt er zum Mann hinter SPD-Chef Sigmar Gabriel auf: Olaf Scholz, Spitzenkandidat der SPD bei der Hamburg-Wahl am 20. Februar, wird schon jetzt ein parteiinterner Machtzuwachs prophezeit. „Wenn Hamburg etwas wird, wird das sein bundespolitisches Gewicht unterstreichen“, sagt ein einflussreicher Bundestagsabgordneter.
Dass es etwas wird, sagen die Demoskopen einhellig: Eine ARD-Umfrage von Infratest Dimap vom Freitag sieht die Hamburger SPD bei 45 Prozent, das ZDF-Politbarometer sogar bei 46 Prozent. Für die verkleinerten Sozialdemokraten im Bund wäre das eine Sensation. Endlich mal wieder Volkspartei sein, endlich ginge mal nichts ohne sie. Der bisher mit Christoph Ahlhaus regierenden CDU sagen die beiden Umfragen höchstens 23,5 Prozent voraus. Für die Union wäre der Auftakt des Wahljahres katastrophal – und Olaf Scholz der strahlende Sieger.
Wenn er eine Koalition braucht, will er mit den Grün-Alternativen-Liste regieren. Doch dort erinnert man sich noch gut an die Zeit, als Scholz vor zehn Jahren als Innensenator den Brechmitteleinsatz bei Drogendealern befürwortete. „Das hat Verletzungen hinterlassen“, sagt Antje Möller, die damalige Fraktionschefin, heute: „Im Nachhinein hätten wir die Koalition damals beenden müssen.“
Ende Januar steht sie auf dem Neujahrsempfang der Hamburger Grünen im Rathaus, gerade hat sie sich mit Scholz unterhalten. Natürlich ist der Sozialdemokrat an diesem Abend bei den Grünen, beim möglichen Partner in einer Regierung. Ein DJ legt auf, Sekt wird ausgeschenkt. Die Kameras folgen Scholz, dem entspannten Wahlkämpfer. Er hat immer betont, wie gut das Verhältnis zu den Grünen ist.
Was ihn nicht davon abhält, sie zu düpieren. Er will das grüne Wunschobjekt Stadtbahn nicht, er will - Fauna und Flora hin oder her - die Elbe vertiefen. Und er hat einen Wirtschaftslobbyisten in sein Schattenkabinett geholt. Doch jetzt antichambriert er, plaudert, flachst - und die Grünen reagieren, als wäre auf ihrem Empfang ein alter Lieblingsonkel erschienen, dessen miese Szenen vom letzten Familienfest man gern vergisst. "Ein gern gesehener Gast", würdigt ihn die Spitzenkandidatin Anja Hajduk. Wie mächtig Scholz schon ist, spüren die Grünen an diesem Abend.
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Auch Sigmar Gabriel weiß das. Er redet die guten Umfragen vorsorglich klein: „Ich halte nichts davon, Landtagswahlen immer gleich zu Bundestagswahlen umzumünzen", beschwichtigte Gabriel im NDR. Die Bundestagswahl dagegen sei gerade ein Jahr her. Gabriel weiß, dass er einen neue Konkurrenten hat.
Schon 2008 wollte der damalige SPD-Chef Kurt Beck, dass Scholz sein Nachfolger wird. Stattdessen wurde Franz Müntefering noch einmal Chef, nach der Niederlage bei der Bundestagswahl übernahm Gabriel. „Er hätte es gekonnt“, sagte Beck heute mit Blick auf die Lage 2008 zur taz. „Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, ist bei Olaf Scholz da.“
Scholz als zukünftiger Hoffnungsträger der SPD? Die Vorstellung klingt fast absurd, denn dieser Mann hat die Partei mehr als einmal gegen sich aufgebracht und grandiose Pleiten eingefahren. In Hamburg trat er als Innensenator 2001 brachial auf – und verlor. 2004 spaltete er als Gerhard Schröders Hartz IV-Generalsekretär die Partei und musste schließlich abtreten. Nun könnte Mr. Niederlage bald die Nummer zwei der SPD sein. Wie macht er das?
Die aktuelle sonntaz erzählt die Ganze Geschichte dieses Mannes, der verliert – und dann doch aufsteigt.
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