: Ohne Volkes Stimme
Wissenschaftssenator Dräger hält Volksbegehren gegen Studiengebühren und HWP-Auflösung für verfassungswidrig. Gericht soll Initiative stoppen
Von EVA WEIKERT
Jörg Dräger sieht sich im Recht. Der Wissenschaftssenator will das Volksbegehren „VolXUni – rettet die Bildung“ stoppen, das sich gegen die Auflösung der Hamburger Uni für Wirtschaft und Politik (HWP) und gegen Studiengebühren wendet. Gestern erklärte der Parteilose der Presse, wie er die Volksgesetzgebung zu verhindern gedenkt. Demnach werde der Senat das Hamburger Verfassungsgericht anrufen, die Rechtmäßigkeit des Begehrens zu prüfen. Die Forderung der Initiative, so Dräger, greife in Haushaltsfragen ein: „Das aber verstößt gegen die Landesverfassung.“
Die von Studierenden der HWP gegründete Initiative hat rund 14.500 Unterschriften gesammelt und damit die Hürde zum Volksbegehren geschafft. ASten, Gewerkschaften und die HWP-Leitung unterstützen die Aktion. Neben dem Erhalt der HWP, die laut Regierungsbeschluss mit der Uni fusionieren soll, fordert die Initiative Senat und Bürgerschaft auf, die Landesgesetze so zu ändern, „dass keine Gebühren fürs Studium erhoben werden“ und zudem das Studienplatzangebot „nachfrageorientiert ausgebaut wird“. Die zwei letzten Forderungen „sind nicht verfassungskonform“, meinte Dräger gestern und berief sich auf Artikel 50.
Dort heißt es: „Haushaltsangelegenheiten, Abgaben, (...) können nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein.“ Unter Abgaben seien aber alle Beiträge an die öffentliche Hand zu verstehen, „also auch Studiengebühren“, konstatierte der Senator.
Auch die Forderung nach Studienplatzausbau erklärte er zur Haushaltssache. Schon jetzt gebe es vier Mal mehr Bewerber als Anfängerplätze. Würden alle versorgt, müsse der Hochschuletat von 700 Millionen Euro vervierfacht werden. „Durch eine solche Verpflichtung würde das Haushaltsrecht des Parlaments erheblich beeinträchtigt“, so Dräger, „sie kann daher nicht Sache einer Volksinitiative sein.“ Wenn jedes Volksbegehren, „das ansatzweise irgendwie eine finanzielle Auswirkung haben könnte, rechtswidrig sein soll“, rügte hingegen DGB-Chef Erhard Pumm, „sind automatisch weite Politikfelder ausgeschlossen.“
Nächste Woche will Dräger den Senat bitten, das Gericht noch vor Monatsende anzurufen. Er geht davon aus, dass die Initiative gestoppt ist, sobald die Richter eine einzige ihrer Forderungen beanstanden. Ini-Sprecher Mirko Knoche kritisierte: „Der CDU-Senat versucht, die Volksgesetzgebung zu unterlaufen und dem Volk zu Studiengebühren das Maul zu verbieten.“
Auch der AStA der HWP wertete Drägers Vorstoß als weiteren Schritt, die Einführung allgemeiner Studiengebühren vorzubereiten. Gegen das Gebührenverbot im Bund hat Hamburg Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. „Jetzt versucht der Senator auch in Hamburg mit einer Verfassungsklage Akzeptanz für seine abenteuerlichen Studiengebührenpläne zu schaffen“, warnte der AStA. Zugleich ließ er Drägers Argumente nicht gelten.
So enthalte die Forderung der Initiative nach Ausbau des Studienplatzangebots den Zusatz, dieser solle „im Rahmen des Möglichen erfolgen“. Und weil Studiengebühren per Gesetz den Unis zusätzlich zur Verfügung stehen sollen, könne ein Verbot der Abgabe gar nicht den Hamburger Haushalt belasten.