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Ohne Papiere

Hunderttausende von Immigranten warten auf die Gelegenheit, einen Weg in die Europäische Union (EU) zu finden. Neben Deutschland, Österreich und Italien ist Spanien – noch in den Sechzigerjahren Auswanderungsland – heute eine der wichtigsten Außengrenzen der Union.

Das Straßenbild marokkanischer und algerischer Städte zeugt davon. Zehntausende von Schwarzafrikanern suchen dort den Kontakt zu den Schlepperbanden, die sie auf die Iberische Halbinsel bringen können – ins gelobte Europa.

Als Spanien vor gut einem Jahr einen Regularisierungsprozess für illegal im Land lebende Immigranten anbot, meldeten sich 230.000 Menschen, doppelt so viele wie erwartet.

Nichtregierungsorganisationen gehen allerdings davon aus, dass mindestens noch einmal so viele Menschen auf einen Antrag verzichteten. Sie konnten nicht den verlangten Nachweis erbringen, bereits vor Juni 1999 im Land gewesen zu sein.

Nach neuen Statistiken leben ziemlich genau eine Million Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung in Spanien. Sie stellen 2,5 Prozent der Bevölkerung.

Vierzig Prozent kommen aus der EU, die Übrigen aus Drittländern. Die Zahl ist im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten oder der Schweiz noch immer gering. Aber in Spanien hat sich in nur zwei Jahren der Ausländeranteil verdoppelt.

In den EU-Staaten leben nach Schätzungen Brüsseler Behörden neben den zwölf Millionen legalen Einwanderern drei bis vier Millionen Sans Papiers („Papierlose“, also Illegale) in den fünfzehn Mitgliedsstaaten. Eine Zahl, die immer wieder die Debatte über eine hermetische Abschottung der Grenzen und über rigorosere Abschiebemethoden anheizt.

Dabei braucht Europa Einwanderer – das ist der argumentative Kern aller Debatten um Immigranten in den EU-Ländern. Um das Sozialgefüge aufrechtzuerhalten, muss der Geburtenrückgang mit Hilfe von jährlich 1,4 Millionen ausländischen Arbeitnehmern ausgeglichen werden.

Am stärksten betrifft diese Tendenz das wohlhabend gewordene Spanien. Das Land mit knapp vierzig Millionen Einwohnern braucht nach Berechnungen der Banco Bilbao Vizcaya jährlich dreihunderttausend Arbeitskräfte aus dem Ausland – und damit auch künftige Eltern von Kindern Spaniens.

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