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Archiv-Artikel

SUDAN: DER TOD GARANGS KÖNNTE DEN FRIEDENSPROZESS STABILISIEREN Ohne Helden mehr Transparenz

Welche Auswirkungen der Tod von John Garang auf den Friedensprozess im Sudan hat, wird unterschiedlich eingeschätzt. Den einen gilt Garang als Lichtgestalt und sein Tod daher als völlige Katastrophe. Nach dieser Sicht war Garang der einzige Politiker des Landes, der sowohl die nötige Ambition als auch die erforderliche Strategie besaß, um sich glaubhaft als Führer eines föderalen „neuen Sudan“ zu profilieren. Ohne ihn verliere Sudans Frieden sein Symbol, es dominierten jene, denen das Wohl der eigenen Region oder gar Ethnie wichtiger sei als der Zusammenhalt des Landes.

Anlass zu Pessimismus gibt es. Die blutigen Unruhen in Khartum zwischen Süd- und Nordsudanesen sind ein schlechtes Signal für die Wahrung der Einheit des Vielvölkerstaates. Und die nach außen vorgetragene Einheit der vaterlos gewordenen Rebellenbewegung SPLA, die im Südsudan regiert, ist eher dem Schockzustand geschuldet als den tatsächlichen Interessen.

Aber genau diese Feststellung deutet auch auf eine andere Interpretation der Folgen von Garangs Tod. Der Rebellenchef war auch ein Militärdiktator, der interne Konflikte lieber unterdrückte als austrug und seine Politik über persönliche Freund- und Feindschaften, willkürliche Ernennungen und Absetzungen gestaltete statt über transparente Verfahren oder demokratische Mitbestimmung. Dieser Stil besorgte ihm im Krieg und auch in den Friedensgesprächen mit der Regierung den Sieg, aber er hätte der SPLA möglicherweise in der mühevollen Kleinarbeit von Regierungsverantwortung und Wiederaufbau den Untergang beschert.

Ein Neuanfang ist jetzt unumgänglich, und hier steckt eine Chance für Sudan. Der neue SPLA-Chef Salva Kiir ist ein erfahrener Kriegsführer, aber sein Name ist nicht Gesetz wie der Garangs. Ab jetzt werden politische Entscheidungen im Südsudan auf einer breiteren Grundlage gefällt werden müssen. Zum Glück sind ja noch relativ wenige Fakten geschaffen: Südsudans Autonomieregierung existiert noch nicht, und die Region hat noch nicht einmal eine eigene Verfassung. Ein stabiler Südsudan aber bedarf der Einbeziehung und Mitarbeit aller seiner Völker und politischen Tendenzen, nicht nur der Offiziere einer siegreichen Guerillabewegung. Er könnte dann sogar ein Vorbild sein für überfällige politische Reformen im ganzen Land – die Grundbedingung für das Gelingen des Sudan-Friedensprozesses insgesamt. Wenn die SPLA das jetzt anerkennt und entsprechend handelt, steht der Weg zu einem Frieden offen, der auf einer stabileren Grundlage steht als bisher auch nur denkbar war. DOMINIC JOHNSON