■ Offene Luft: Insel Open Air
Spätestens seit dem letzten Open air auf der Treptower Insel trägt man auch dort den veränderten Hörgewohnheiten des Indiehörers Rechnung – so es ihn als solchen überhaupt noch gibt. HipHop, Digital Hardcore-, Techno-, Post-Rock- und Industrial-Sounds werden an diesem Nachmittag über die Spree schweben, und nur die Berliner Mondo Fumatore halten mit ihrem obskuren, heruntergefahrenen Schrägpop das Fähnlein der altehrwürdigen, gut schrummenden Gitarrenlehre aufrecht.
Musik für Müßiggänger und Genießer machen die aus dem Tortoise-Umfeld kommenden The Sea and The Cake aus Chicago. Ihr Sound kreist ganz locker um Jazz, elektronische Musik und Rock. Gemeinhin bezeichnet man so was als Post- Rock – ein an dieser Stelle ja schon oft und ausgiebig erklärtes musikalisches Phänomen.
Nachteil dieser Band: Wenn man nicht aufpaßt, flutscht ihre Musik ohne Reibungsverlust schnell und einfach durch die Ohren. Was beim HipHop der Absolute Beginner aus Hamburg eigentlich nicht passieren kann: Dafür reimen ihre Chefrapper zu eindringlich und haben trotzdem den vielbeschworenen Flow. Warum ihr Album „Flashnism“ Freundeskreis oder Fettes Brot nicht locker von den Chartplätzen verdrängt, bleibt schleierhaft: Zu schwierig ihr Sound, zu anspruchsvoll, zu groovy und zu wenig schmoovy? Superlative wie „bestes deutsches HipHop- Album ever“ gab es für Absolute Beginner jedenfalls genug, und denen kann man sich nur anschließen.
Neben den flotten, wütenden, Spex und alle alten Bürgersäcke hassenden EC80R und ihrer Wahnsinnsmischung aus Gabba, Punk, Noise und Breakbeats treten zu guter Letzt noch Test Department auf, die Veteranen des Früh-Achtziger-Industrial, von denen man nur das Härteste erwarten darf. Gerrit Bartels
Insel Open Air, heute ab 16 Uhr
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