piwik no script img

■ Österreich: Homoliebe mit Minderjährigen bleibt verbotenSchandbar gescheitert

Im österreichischen Parlament scheiterte ein SPÖ- Antrag auf Absenkung des „Schutzalters“ für Knaben, die von gleichgeschlechtlichem Verkehr bedroht sind, von derzeit 18 auf 14 Jahre. Christdemokraten (ÖVP) plus Haiders FPÖ stimmten den Antrag nieder. Also bleibt's dabei, daß Mädchen vor jeglichem Geschlechtsverkehr gesetzlich geschützt sind bis 14, Knaben hingegen vor homosexuellem Verkehr bis 18.

Die freie Austro-Sexualität schaut jetzt so aus: Homosexualität zwischen Frauen über 14 ist straffrei. Homosexualität von Männern zwischen 14 und 18 ist straffrei, wenn sie gleichaltrig sind. Strafbar ist Verkehr zwischen unter 18jährigen Männern und über 18jährigen Männern. Straffrei ist Verkehr zwischen 18jährigen Männern. Strafbar ist Verkehr zwischen ungleichaltrigen Männern zwischen 14 und 18. Straffrei ist Verkehr zwischen gleichaltrigen wie ungleichaltrigen Männern über 18. Straffrei ist Verkehr von Frauen mit Männern zwischen 14 und 18.

Werbung für Homosexualität ist, weil zwei Abgeordnete gerade aufs Klo gingen, nunmehr straffrei, strafbar hingegen bleibt, weil die zwei vom Klo wieder zurückkamen, die Werbung für Verkehr von Frauen wie Männern mit Tieren, homo- wie heterosexuell. Tut mir leid, logischer ging's halt nicht.

So ist ein endloses Anliegen des fortschrittlichen Teils der Menschheit schandbar gescheitert. Doch die parlamentarische Komödie hat einen kaum versteckten politischen Hintersinn. Österreich ist seit seiner Wiedergeburt 1945 schwarz-rot bis in die Knochen. Erstmals grassiert nun, insbesondere seit den Europawahlen im Oktober, der blaue Knochenfraß: Mit einer Million Wähler und einem Drittel aller Stimmen wird Jörg Haiders FPÖ immer „hoffähiger“ in der rot- schwarzen Doppelmonarchie. Man haut sich mit ihr immer öfter auf ein Packel, wie der Wiener das nennt. Am freudigsten packeln die Schwarzen mit der FPÖ, gar nicht so selten auch die Grünen (in Sachen Umwelt und Demokratiereform), die Liberalen nie. Die Sozialdemokraten tragen, wie's schon ist bei ihnen, zwei Seelen in der rosa Brust. „Unten“, auf Länder- und Gemeindeebene, wollen sie mancherorts immer gerner; auf Bundesebene ist Anti-Haider-Held Vranitzky immer noch Chef.

Homos hin oder her: Daß die Schwarzen mit Haider gegen die Roten stimmten und obsiegten, ist ominös. Die Roten flüchten vor ihrer Hauptaufgabe an der Front gegen den Brutalkapitalismus – in ehrenwerte Nebenfelder. So aber werden sie den herkulischen Doppelkampf – für Soziales und gegen Faschismus – nicht gewinnen. Ich hätte gern unrecht. Günther Nenning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen