Ölmulti Total angeklagt: Logistik für die Junta
Der französische Ölmulti Total soll vor ein belgisches Gericht. Der Vorwurf: Er soll Zwangsarbeiter eingesetzt und die Junta unterstützt haben.
BRÜSSEL taz Wegen mutmaßlicher Mittäterschaft bei Verbrechen gegen die Menschheit in Birma soll in Belgien ein Verfahren gegen den französischen Ölmulti Total wieder aufgerollt werden. Dies kündigte der Anwalt von vier birmesischen Flüchtlingen am Dienstag in Brüssel an.
Konkret soll Total in den Neunzigerjahren beim Bau einer Pipeline in Birma Zwangsarbeiter eingesetzt und der Militärjunta logistische Unterstützung geleistet haben. Eine erste Klage gegen den weltweit viertgrößten Ölkonzern wurde in Belgien bereits 2002 angestrengt. Aufgrund des geltenden Weltrechtsprinzips wurde sie vor zwei Jahren vom Verfassungsgericht für zulässig erklärt. Trotzdem wies im März dieses Jahres ein Gericht die Klage ab, weil die Kläger keine belgischen Staatsbürger sind.
Laut dem Anwalt der Kläger, Alexis Deswaef, hat das Verfassungsgericht diesen Beschluss nun kassiert. Ein Flüchtling in Belgien habe die gleichen Rechte wie ein belgischer Staatsbürger. Daher werden der frühere Total-Präsident Thierry Desmarest und der einstige Birma-Direktor des Konzerns, Hervé Madeo, wohl doch vor Gericht aussagen müssen.
In Frankreich ist ein ähnliches Verfahren bereits gescheitert. Aber mit der blutigen Unterdrückung der Massenproteste in Birma nimmt der Druck auf die Firmen zu, die Geschäfte mit dem Militärregime machen. Zwei sozialistische Minister der scheidenden belgischen Regierung fordern den Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt dazu auf, die Verträge zwischen Belgien und Total zu kündigen; und in den Niederlanden verlangen über ein Drittel der Abgeordneten einen Boykott der Firma.
Trotzdem lehnt Total-Vizepräsident Jean-François Lassalle einen Rückzug seines Konzerns aus Birma weiterhin ab. Das würde nur dazu führen, dass andere Ölkonzerne nachrückten, die noch weniger auf Menschenrechte achteten. Total trage durch seine Präsenz in Birma zur Verbesserung der Lebensumstände dort bei.
Der Konzern beutet in Birma seit 1992 Erdgasfelder aus und förderte im vorigen Jahr 17,4 Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag. Die Erlöse davon machten schätzungsweise ein Drittel der Exporteinnahmen Birmas aus.
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