piwik no script img

Öl-Kartell kann nicht mehr schocken

■ Märkte und Ölwirtschaft reagieren gelassen auf die Opec-Beschlüsse/ Der Preis fürs 159-Liter-Ölfaß sank um einen halben Dollar/ Wird sich das Kartell diesmal an die eigenen Beschlüsse halten?

Hamburg/London (dpa/taz) — Die Mineralölwirtschaft und der Londoner Rohölmarkt haben zu Wochenbeginn gelassen auf die von der Organisation erdölfördernder Länder (Opec) beschlossene Förderkürzung auf 23 Millionen Barrel täglich reagiert. „Um den Preis zu stabilisieren und die Opec-Förderung dem Markt anzupassen, hätte die Begrenzung deutlicher ausfallen müssen“, sagte Esso-Sprecher Alexander Geck gestern in Hamburg. In London ging der Kontrakt für die Märzlieferung der Ölsorte Brent, deren Preis als Richtschnur der Märkte gilt, zum Auftakt des Handels um 0,55 Dollar auf 18 Dollar je Barrel (ein Faß zu 159 Litern) zurück.

Das Kartell hatte sich am Wochenende in Genf geeinigt, die derzeitige Produktion von 24,2 Millionen Barrel pro Tag (mbd) um fünf Prozent zurückzufahren. Allerdings meldeten Saudi-Arabien und Iran sofort Vorbehalte an: So will Saudi- Arabien die ihm zugeteilte Quote um rund 133.000 Barrel täglich überschreiten. Iran wollte die Opec-Förderung stärker, auf 22,5 mbd, zurückdrehen, um für das Kartell am Markt höhere Preise durchzusetzen.

Ein Ölanalyst der Brokerfirma Merill Lynch sagte in London, das Abkommen werde die Preise wahrscheinlich auf dem gleichen Niveau halten wie in den vergangenen Wochen. Ähnlich äußerte sich das Brokerhaus Lehman Brothers.

Weltweit werde reichlich Öl angeboten, so einhellig die Sprecher der großen deutschen Ölgesellschaften. „Vor den Wünschen der Opec steht der Markt“, sagte Karl Lott von der Deutschen Shell in Hamburg. Und der zeige sowohl aus saisonalen — der Winter in den Hauptabnehmerländern war mild und ist fast vorbei — als auch aus konjunkturellen Gründen alle Anzeichen einer reichlichen Versorgung: In den meisten Industriestaaten sinkt die Energienachfrage rezessionsbedingt. Auch Opec-Generalsekretär Subroto hatte auf die wegen des milden Winters hohen Lagerbestände verwiesen.

Zudem nehmen die Experten der Branche das Kartell von 13 ölexportierenden Ländern nicht mehr sonderlich ernst. Niemand glaubte gestern, daß die Opec ihre Beschlüsse auch tatsächlich umsetzt. „Die Länder halten sich umso weniger an ihre Förderbeschränkungen, je stärker die Preise unter Druck stehen“, meinte Ulrich Winkler von der Aral in Bochum. Daher würden sich die Notierungen auf niedrigem Niveau stabilisieren. Ein anderer Sprecher sarkastisch: „Früher fuhren die Minister nach der Opec-Konferenz nach Hause, um dort zu verkünden, daß sie die Beschlüsse nicht einhalten; heute erledigen sie das gleich in Genf.“ Der Opec gehören neben Saudi-Arabien und dem Iran die Vereinigten Arabischen Emirate, Venezuela, Nigeria, Libyen, Indonesien, Kuwait, Algerien, Irak, Katar, Indonesien und Gabun an.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen