■ Ökotourismus: Keine Alternative
Fast alle Karibik-Staaten sehen im internationalen Fremdenverkehr ihre wirtschaftliche Zukunft. Über die ökologischen und sozialen Folgen diskutierten Politiker und Tourismusfachleute in Guadeloupe mit Mitarbeitern von regierungsunabhängigen Organisationen und Nationalparks. Anlaß war die Ökotourismus-Konferenz der Caribbean Tourism Organization (CTO). Die politische Interessenvertretung, in der Tourismusämter von 36 Ländern und Überseeverwaltungen zusammengeschlossen sind, hatte erstmals auch Experten der Weltbank, der UNO und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) geladen.
„Ökotourismus wird das Problem des Artenschutzes nicht lösen“, behauptete Richard M. Huber, verantwortlich für „Umwelt und urbane Entwicklung“ bei der Weltbank. Zum Beispiel der Regenwaldschwund in Brasilien. Laut Huber befinden sich zur Zeit nur rund 4.000 Hektar in den Händen privater Initiativen, die im Öko- Anschauungsunterricht für Touristen eine Möglichkeit erproben, Einnahmen für den Naturschutz zu erwirtschaften, um so das Ökosystem Dschungel vor dem Untergang zu bewahren. „Der Erhalt von Flora und Fauna im großen Stil verlangt jedoch konzertierte Aktionen von Industrie, staatlichen Stellen, Umweltschützern und der von Reglementierung oder kommerzieller Entwicklung betroffenen lokalen Bevölkerung.“
Als Knackpunkt für den Erfolg ehrgeiziger „Ökotourismus-Vorhaben“ bezeichnet er die oftmals mangelnde Selbstfinanzierungsmöglichkeit. „Dadurch, daß Investoren in relativ kurzer Zeit eine überdurchschnittliche Rendite erwarten, fallen kleine Vorhaben mit geringer Ertragskraft von vornherein durch das Bewertungsraster potentieller Geldgeber“, sagte Huber. Ökologisch tragfähige Tourismusvorhaben im Portefeuille der förderungswürdigen Weltbankprojekte seien „eine zu vernachlässigende Größe“.
Wie sehr Umweltmanagement in der Karibik nottut, veranschaulichten die Statistiken, die CTO-Generalsekretär Jean Holder und die Kreuzfahrtlobbyistin Michele Paige von der Florida Caribbean Cruise Association (FCCA) zum besten gaben: Rund 25 Millionen Menschen, darunter 9 Millionen Kreuzfahrer, reisen pro Jahr in die Karibik – die internationalen Ankünfte Mexikos nicht mitgezählt. Allein die Schiffe der in der FCCA zusammengeschlossenen dreißig Reedereien fassen pro Schiff 3.000 Menschen, die pro Tag 5 Tonnen Abfall produzieren und etliche Kubikmeter an Fäkalien. Auch wenn Recycling und Abwassermanagement auf den schwimmenden Hotelburgen stattfindet, ein Teil des Mülls wird noch immer in Spezialöfen auf offener See verfeuert. Jens Uwe Parkitny
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