Ökostrom und Bürgerbeteiligung: Industrieausnahmen werden geprüft
Umweltminister Altmaier kündigt an: Die milliardenschweren Ausnahmen für die Industrie beim Ökostrom sollen überprüft werden.
BERLIN rtr/dapd/taz | Angekündigt hat Bundesumweltminister Peter Altmaier schon viel – nun wird er etwas konkreter. Sein Anleihekonzept für eine Beteiligung der Bürger an der Finanzierung neuer Stromleitungen will der CDU-Politiker noch vor Ablauf der Legislaturperiode im kommenden Jahr verwirklichen. „Dieses konkrete Projekt möchte ich vor der Bundestagswahl umsetzen“, sagte er dem Tagesspiegel.
Altmaier will über eine Art Volksanleihe rund 15 Prozent der Anteile an Stromleitungen für die Bürger reservieren, vor allem die Anlieger entlang der Leitungen. Mit einer Einlage von 500 Euro und einem garantierten Zinssatz von 5 Prozent sollten die Bürger so an den Gewinnen der Energiewende beteiligt werden, sagte er.
Altmaier will zum Ausbau der Netze den Bürgern angesichts des aktuellen Niedrigzinsniveaus so eine attraktive Rendite anbieten. Für die Netzbetreiber könnte dies womöglich eine kostengünstige Kapitalbeschaffung sein.
Zudem will der Umweltminister die milliardenschweren Ausnahmen für die Industrie von der Ökostromförderung überprüfen lassen. Einen entsprechenden Arbeitsauftrag erteilte Altmaier vergangene Woche. Sein Sprecher bestätigte dem Nachrichtenmagazin Focus: „Wir untersuchen konkret alle Ausnahmen in allen Branchen.“ Ein Ergebnis solle im Frühjahr vorliegen, nötige Maßnahmen sollen dann folgen. Ob die Befreiung der energieintensiven Unternehmen von der sogenannten Erneuerbaren-Energien-Umlage in allen Fällen gerechtfertigt ist, hatte zuletzt auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) infrage gestellt.
Die Ökostrom-Ausnahmen für die befreiten Unternehmen summieren sich in diesem Jahr auf 4 Milliarden Euro. Finanziert wird das von den Normalverbrauchern, die über ihre Stromrechnung 14 Milliarden Euro an Ökostromförderung zahlen. Besonders fraglich ist, ob etwa Straßenbahnbetriebe von der Umlage befreit sein sollen und ob alle begünstigten Unternehmen tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen, wie es die Regelung vorsieht.
Mit der Ankündigung reagiert Altmaier auf massive Kritik an den Ausnahmen. Die Regierungskoalition hatte erst kürzlich beschlossen, diese massiv auszuweiten. Die Zahl der Ausnahmeanträge hat sich daraufhin verdoppelt.
Leser*innenkommentare
Der Querulant
Gast
Altmaier ist nicht zu beneiden, wird von ihm doch nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Quadratur des Kreises erwartet. Ein unsinniges Unterfangen.
Ohne Verstaatlichung der Energieerzeuger und Netzbetreiber ist da nichts zu wollen. Nur, wem gehören denn die großen Vier? :-)))
Meiner Meinung nach sollten auch alle Subventionen aller anderen Energiearten auf den privaten Kunden und seine Stromrechnung umgelegt werden. Das wäre doch nur billig und gerecht, würde die Transparenz der realen Kosten und ihrer Verteilung deutlich steigern. Da würden so manchem die Augen aufgehen.
Ansgar
Gast
Na schön, dann freue ich mich halt statt dessen über weitere Erhöhungen der Straßenbahnpreise (im Gegensatz zu den meisten Grünwählern habe ich kein Auto).
Wie laut muss die Welt über uns deutsche Witzfiguren mit unserem arroganten "Wir-retten-Die-Welt"-Geseire eigentlich noch lachen, bis man wieder rationale Energiepolitik betreibt?
super
Gast
grmbl.. hab den Bescheid über die Stromkostenerhöhung um 2,67ct/KWh ab Januar schon bekommen.
vic
Gast
Aha, die Ausnahmen werden also überprüft. Bin gespannt, was die Überprüfung ergibt.
Ob ich`s wohl erfahren werde?
Peter
Gast
Wenn man Medien und Kommentare verfolgt, wird einem klar, dass fast niemand die einfache Tatsache begreift, dass es völlig gleichgültig ist, ob Unternehmen die EEG-Umlage bezahlen oder ob deren Anteil mit auf die Verbraucher umgelegt wird. Letztere bezahlen es sowieso, bei Nichtbfreiung der Unternehmen über höhere Warenpreise, denn die EEG-Umlage bedeutet höhere Kosten, die selbstverständlich in die Preiskalkulation einfließen.
das Krokodil
Gast
Leuteverarsche. Bei 25% Kapitalertragsteuer, 5% Soli und 2 % Inflation ein Nullsummenspiel. Wer geht dieses Risiko ein? Kein gewerblicher Anleger.
Außerdem wird das durch EEG usw. auf den Strompreis umgelegt aund *alle* bezahlen!