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Ökonom über Tarifeinigung"Ver.dis Streikdrohung war heiße Luft"

Acht Prozent mehr Lohn waren unrealistisch, sagt Tarifexperte Hagen Lesch. Gemessen an der wirtschaftlichen Situation habe Ver.di ihre Ziele erreicht.

Ver.di hat in den letzten Jahren viel Geld für Streiks ausgegeben, sagt Lesch. Bild: dpa
Interview von Stefan Spiegel

taz: Herr Lesch, die Länderbeschäftigten bekommen dieses Jahr 40 Euro und 3 Prozent mehr Geld, im nächsten Jahr 1,2 Prozent. Ist der Abschluss für Ver.di angemessen?

Hagen Lesch: Gemessen an den Forderungen von Ver.di ist der Abschluss eher mäßig, gemessen an der wirtschaftlichen Situation ist das sicherlich ein guter Abschluss. Man muss den Abschluss auch in Zusammenhang sehen mit den Verhandlungen Ver.dis mit Bund und Kommunen. Ver.di verfolgt ja das Ziel, die Bezahlung der Angestellten möglichst gleich zu halten.

Ist das gelungen?

Das ist der große Erfolg von Ver.di. Die Länder, also die Arbeitgeber, haben es insgesamt nicht geschafft, niedrigere Abschlüsse rauszuholen als Bund und Kommunen. Das war für Ver.di ein ganz wichtiges Ziel.

Ver.di hatte 8 Prozent für ein Jahr gefordert. Hat die Gewerkschaft zu hohe Erwartungen geweckt?

Ver.di hat durch die Warnstreiks und durch die Forderung von 8 Prozent die Erwartungen hoch gehängt. Das halte ich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für gefährlich. Die IG Metall hatte 2008 genau dieselbe Situation. 8 Prozent haben sie gefordert, zweimal 2,1 Prozent sind rausgekommen. Die Gewerkschaften sollten in ihren Forderungen etwas realistischer sein.

Hätte die Gewerkschaft lange Streiks denn durchsetzen können?

Ver.di verzichtet im Moment auf große Streiks, die nur Kopfschütteln in der Bevölkerung auslösen würden. Der Mobilisierungsgrad bei den Ländern ist auch nicht so gut. Darüber hinaus hat Ver.di in den letzten Jahren viel Geld für Streiks ausgegeben. So stark war Ver.di in diesem Konflikt also nicht aufgestellt. Die Drohung, eine Urabstimmung über einen langen Streik durchzuführen, war vor allem heiße Luft.

Die 1,2 Prozent Lohnsteigerungen im Jahr 2010 werden wahrscheinlich nicht einmal für einen Reallohnausgleich reichen. Ist angesichts der Finanzkrise wirklich nicht mehr drin?

Man muss sehen, dass die Belastung durch die Wirtschaftskrise die öffentlichen Haushalte erst 2010 richtig trifft. In diesem Jahr wird es schlecht, im nächstem Jahr noch schlechter, und das spiegelt dieser Abschluss auch wider.

Bedeutet dieser Abschluss, dass auch die Angestellten des Bundes und der Kommunen im nächsten Jahr weniger Geld bekommen?

Das muss man so interpretieren. Wenn die Parole ist, alle gleich zu bezahlen, kann ein niedriger Abschluss für die Arbeitnehmer der Länder nur heißen, dass im nächsten Jahr bei Bund und Kommunen Maßhalten angesagt ist. Da wird es dann wohl zu ganz moderaten Lohnabschlüssen kommen, die allenfalls den Inflationsausgleich hergeben.

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