: Ökologisch und politisch korrekt
Der Markt für ethisch-ökologische Anlageformen wächst. Die Stiftung Warentest nimmt künftig ökologische Fonds in ihre Dauertests auf. Die Marktstellung eines Unternehmens hängt auch von vielen ethischen und ökologischen Indikatoren ab
VON SIMONE WEIDNER
Viele Anleger haben eine Vision: das gesellschaftlich Wünschenswerte mit dem ökonomisch Machbaren zu verbinden. Besser noch: ordentliche Gewinne mit ökologisch, ethisch und sozial korrekten Anlagekonzepten zu erzielen. Obwohl sich Verbraucher in Umfragen für diese Anlageziele aussprechen, sieht die Praxis anders aus. Bei Investitionen in Geldanlagen, die diese Kriterien berücksichtigen, üben sich Anleger in Zurückhaltung.
Das Marktvolumen für nachhaltige Anlagen in diesem Jahr wird auf zirka 3,4 Milliarden Euro geschätzt, was ein wenig mehr als 0,8 Prozent des Gesamtanlagevolumens entspricht. Dabei ist Nachhaltigkeit heute in vielen Programmen ein anerkanntes Leitmotiv. Und als Strategie für eine erfolgreiche Wirtschaft hat die Bundesregierung die gleichrangige Berücksichtigung umwelt-, wirtschafts- und sozialpolitischer Ziele auf die Agenda 21 gesetzt. Dieses so genannte „Drei-Säulen-Konzept der Nachhaltigkeit“ bestimmt zunehmend auch unternehmerisches Handeln.
Die Erkenntnis, dass die Marktstellung eines Unternehmens nicht allein von ökonomischen Indikatoren, sondern ebenso von ethischen und ökologischen Belangen abhängen kann, setzt sich mittlerweile auf den Kapitalmärkten durch. In der internationalen Debatte hat sich hierfür der Begriff SRI (Socially Responsibility Investment) etabliert. Private Anleger, die nachhaltig investieren wollen, sehen sich jedoch mit dem Problem konfrontiert, keine Marktübersicht oder qualifizierte Vermögensberatung zu erhalten. Mangelnde Transparenz und fehlende Informationen führen Verbraucher am häufigsten als Gründe für ihr zögerliches Investment an. Gleichzeitig weisen sie damit auf ein Dilemma hin, dem sich auch die Anbieter von Finanzprodukten stellen müssen: Lässt sich Nachhaltigkeit überprüfen? Wie sieht es mit den ökonomischen Ergebnissen von Nachhaltigkeitszielen aus? Die wissenschaftliche Debatte über die Messbarkeit von Nachhaltigkeit befindet sich noch ganz am Anfang.
Immerhin: Der Markt für ethisch-ökologische Investmentfonds wächst. Mittlerweile sind etwa 60 Fonds in Deutschland zugelassen. In einer aktuellen Untersuchung verfolgt die Stiftung Warentest konsequent den Ansatz, die Qualität der nachhaltigen Fonds anhand der Renditen zu bewerten. Von den 60 Fonds konnten 15 bewertet werden. Im Ergebnis ist die Qualität nicht besser oder schlechter als bei herkömmlichen Investmentfonds. Der ethisch-ökologisch ausgerichtete Dexia Sustainable Social Accent C beispielsweise schaffte es sogar in die Gruppe der Top-10-Aktienfonds Welt. Ab sofort will Finanztest die Fonds auch in monatlich aktualisierten Dauertests bewerten. Damit geht dann die Ära des Nischendaseins für Ökofonds zu Ende.
Inhaltlich werden in der komplexen Untersuchung die Anlagekonzepte der Fonds kontrolliert. Beispielsweise, ob der Ausschluss von Unternehmen eingehalten wird, die in Atomenergie, Waffengeschäfte, Auto- und Flugzeugbau, Tabak, Alkohol oder Glücksspiel investieren. Nicht alle, aber die meisten Fonds haben ein sauberes Profil. Bei der Unternehmensauswahl orientieren sich die Fondsmanager häufig an den großen Nachhaltigkeitsindizes oder verfolgen den Best-in-Class-Ansatz, bei dem die Unternehmen innerhalb einer Branche miteinander verglichen und auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden.
Sparanlagen
Wer mit nachhaltigen Anlagen auf Nummer sicher gehen will, findet bei mittlerweile vier Bankinstituten mit ökologischer oder ethischer Ausrichtung Sparangebote für Festgeldanlagen und Tagesgeldkonten. Auch Girokonten sowie Förderprojekte für die Unterstützung von Bio-Landwirtschaft, Wind- und Wasserenergie, Behindertenprojekte und andere Zielsetzungen bieten die GLS-Gemeinschaftsbank, Umweltbank, Ethikbank und Steyler Bank GmbH an.
Geförderte Vorsorge
Mit der Rentenreform 2001 wurde die Nachhaltigkeitsberichtspflicht per Gesetz erstmalig verordnet. Die Anbieter staatlich geförderter privater und betrieblicher Altersvorsorgemodelle sind verpflichtet nachzuweisen, „ob und wie ethische, soziale oder ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Beiträge berücksichtigt werden“. Eine Pflicht, diese Kriterien einzubeziehen, besteht allerdings nicht. In Großbritannien, wo die Berichtspflicht bereits Mitte 2000 eingeführt wurde, sind relativ schnell nachhaltige Produkte entwickelt worden. So beziehen 21 der 25 größten Pensionsfonds die Kriterien in ihre Angebote ein. In Deutschland sind Pensionsfonds mit nachhaltiger Ausrichtung noch rar.
In einer Umfrage des Research-Hauses Scoris in Hannover wurden zwölf Pensionskassen danach gefragt, inwieweit nachhaltige Anlagen eine Rolle bei ihrer Anlageentscheidung spielen. Die an der Studie teilnehmenden Kassen repräsentieren rund 39 Prozent des gesamten Deckungskapitals der deutschen Industrie. Aufgrund der „Unbestimmtheit des Nachhaltigkeitskonzepts“ hat die Mehrheit der Pensionskassen noch wenig mit diesen Produkten zu tun, so Scoris. Mit zunehmender Professionalisierung des Marktes könne sich dies allerdings ändern.
Riester-Rente
Bescheiden platzieren sich auch die Angebote für die nachhaltige Riester-Rente. Auf gerade mal zwölf Produkte, entwickelt von Banken und Versicherungsgesellschaften, können Sparer zurückgreifen. Mit dem Banksparplan VR-Rente Plus der Bank für Kirche und Caritas investieren Sparer in Unternehmen, die nach ökologischen und sozialen Kriterien ausgesucht werden. Investitionen in Tabak, Alkohol und Glücksspiel sind tabu. Bei wenigen Versicherungsgesellschaften ist der Abschluss von klassischen oder fondsgebundenen Riester-Rentenversicherungen mit nachhaltiger Zielsetzung möglich. Hierbei orientieren sich die Anbieter überwiegend an den großen Nachhaltigkeitsindizes, teilweise kombiniert mit eigenen Kriterien.
Info: Die Untersuchung der ökologisch ausgerichteten Investmentfonds findet man in Finanztest, Ausgabe 10/2004, am Kiosk, oder direkt bei der Stiftung Warentest, Vertrieb, Postfach 81 06 60, 70523 Stuttgart 3,60 Euro zzgl. 2 Euro Versand, www.finanztest.de, www.germanwatch.org/rio/riester