Öko-Krimi im ZDF: Der Bio-Held
Tobias Moretti ist ein "Bauernopfer" in einem deutsch-österreichischen Öko-Krimi (20.15 Uhr, ARD). Doch er wehrt sich mit viel Dialekt und Technikfeindlichkeit.
Transnationale europäische Fernseh-Co-Produktionen sind manchmal eine lustige Sache. Da kann es einem zum Beispiel passieren, dass plötzlich der Tölzer "Bulle" Ottfried Fischer einen Job als Gerichtsmediziner für "Kommissar Beck" in Stockholm antritt. In der deutsch-österreichischen Co-Produktion des heutigen Abends nun spielt der Tiroler Tobias Moretti, der einmal der Assistent von "Kommissar Rex" war, einen deutschen Bauern im Landkreis Ravensburg – da wo das "Ländle" an Bayern grenzt.
Bei den Österreichern mag die Erinnerung an das verlustig gegangene Vorderösterreich ähnlich wehmütige Gefühle hervorrufen wie die an Südtirol, für die Ortswahl wird ein anderer Grund ausschlaggebend gewesen sein: Mehr konnte der für die deutsche Seite produzierende SWR Moretti geografisch einfach nicht entgegenkommen.
Gleichwohl müsste ein Zuschauer schon im nördlichen Einzugsgebiet des NDR zuhause sein, um den mundartlichen Unterschied nicht zu registrieren. Mundart sollte aber unbedingt gesprochen werden, nur das verleiht einem im ländlich-bäuerischen Milieu angesiedelten Film ethnologische Authentizität. Außerdem sind Regionalkrimis ja derzeit groß in Mode. Hauptsache Dialekt also – den örtlichen Schlachthofbetreiber spielt der Burgschauspieler Johannes Krisch mit Wiener Schmäh.
Warum bei der Besetzung der männlichen Hauptrolle kein Weg an Moretti vorbei führte, das Presseheft weist darauf hin: "Die Rolle des Bauern füllt Tobias Moretti glänzend aus, eine Figur, die aus dem Leben schöpft – Moretti bewirtschaftet einen eigenen Bergbauernhof."
Aber natürlich kann er das sehr gut spielen, so einen etwas jähzornigen Eigenbrötler, der es mit der begriffsstutzigen Dorfgemeinschaft ebenso aufnimmt wie mit der internationalen Biochemie-Mafia. "Erst lauft ihm die Frau weg – und jetzt auch noch die Sau!", mokieren sich die Dörfler. Das wie der Bauer um seine Existenz bangende Schwein wird am Ende noch eine wichtige Rolle spielen.
Am Anfang aber stehen Dr. Kroetz (Tilo Prückner) vom Ernährungsministerium und sein böser Verdacht: "Dagegen können Sie alle Probleme vergessen, die wir bisher gehabt haben: Subventionsbetrug, Ekelfleisch, Antibiotikarückstände, verbotene Masthilfsmittel – alles Schnee von gestern! Die Nanotechnologie, das ist die Zukunft! Wenn wir’s nicht rechtzeitig verhindern!" Er jedenfalls wird es nicht mehr verhindern, ein von dem denkwürdigen Anton Chigurh in "No Country for Old Men" inspirierter Auftragskiller macht ihm mit einem Bolzenschussgerät den Garaus.
Dumm nur, dass besagte Tatwaffe unserem Bauern gehört und er damit in der Hand über der Leiche kniet, als die Polizei eintrifft. Zum Glück gibt es da aber noch Dr. Kroetz' einstige Studentin (Bernadette Heerwagen), die jetzt zufällig bei genau dem – österreichischen – Nanotechnik-Unternehmen arbeitet, das die ganze Schose zu verantworten hat. Nur sie kann dem Bauern jetzt noch helfen. Und die Sau.
Wer übrigens einen Bolzenschussgerät-Mord etwas heftig für die öffentlich-rechtliche Primetime findet, muss sich nicht wundern. Die Regie hat Wolfgang Murnberger geführt. Der zeichnete auch schon verantwortlich für die alles andere als zimperlichen Wolf-Haas-Adaptionen "Komm süßer Tod", "Silentium" und "Der Knochenmann". Sein Film ist ökologisch korrekt und technikfeindlich und hat damit in diesen Tagen sicher gute Voraussetzungen für eine prima Quote. Inklusive Audience-Flow vom zu erwartenden "Brennpunkt" vorneweg.
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