Öffentlicher Beschäftigungssektor: Arbeit auf Sparkurs
Rot-rote Einigung: Die Linkspartei darf ihren öffentlichen Beschäftigungssektor fortführen - ab nächstem Jahr aber mit weniger Stellen.
Es war der Auftakt der Wahlkampf-Zeckeleien zwischen SPD und Linke, jetzt scheint er vorerst mit einem Kompromiss beigelegt: der Streit über das Linken-Prestigeprojekt des öffentlichen Beschäftigungssektors (ÖBS). In einer abgespeckten Variante soll es das Förderprogramm für Arbeitslose künftig weiter geben. Dafür stehen ab 2012 statt der bisherigen 5.600 Stellen nur noch 5.000 zur Verfügung.
Ursprünglich wollte die Linke den von ihr initiierten ÖBS auf bis zu 10.000 Plätze erweitern. Mit dem Programm erhalten Langzeitarbeitslose einen Vollzeitjob, sozialversichert und mit 7,50 Euro pro Stunde bezahlt. Darunter fallen etwas Stadtteilmütter und Dolmetscher, die monatlich so 1.300 Euro brutto erhalten - Bundesmittel, die vom Land aufgestockt werden.
Anfang des Jahres aber intervenierte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD): Zu teuer sei das Programm, zu wenige Arbeitslose würden davon profitieren. Die bereits für 2011 im Haushalt eingestellten 15 Millionen blieben blockiert, hunderte Betroffene konnten ihre Arbeit nicht aufnehmen.
Nun einigten sich Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos: Die derzeitig 5.600 Stellen sollen bis zum Jahresende erhalten bleiben, 2.200 Arbeitslose können demnächst neue Stellen antreten. Für 2012 und 2013 wird es aber nur noch 5.000 Plätze geben, weil dann die Bundesförderung des "Kommunal-Kombi" und "Beschäftigungszuschuss" wegfallen. Dass Berlin diese Stellen nicht auf eigene Kosten aufstocke, sei ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, sagte Bluhm. Über den Kompromiss zeigte sich die Sozialsenatorin zufrieden. Man habe "ein gutes Ergebnis" erreicht, die Verhandlungen seien "schwierig und zäh" gewesen. Das Projekt ÖBS werde verstetigt, bei gleichzeitigen Einsparungen für den Haushalt, so Bluhm.
Bei der SPD reagierte man am Wochenende zurückhaltender. "Es hat ein Gespräch gegeben, aber keine endgültige Verabredung", sagt Richard Meng, Sprecher von Wowereit. Es seien noch Detailfragen zu klären. So fordert die SPD offenbar, auch die Verwaltungskosten pro Fall von derzeit 200 auf 140 Euro zu senken. "Hier ist der letzte Punkt noch nicht gesetzt", so Meng.
Linken-Wirtschaftssenator Harald Wolf forderte Wowereit auf, dem Kompromiss zuzustimmen: Der ÖBS sei im Koalitionsvertrag vereinbart. "Wir erwarten Vertragstreue."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn