piwik no script img

Öffentliche SicherheitUnklarer Nutzen der Videoüberwachung

Laut Regierung sind auf Bahnhöfen rund 3.000 Kameras installiert, seit 2001 wurden 800 Islamisten per Video überwacht. Wie viele Straftaten so verhindert wurden, kann sie nicht sagen.

Eine von 3.000: Videokamera an deutschem Bahnhof. Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesweit werden an rund 300 Bahnhöfen etwa 3.000 Videokameras zur Überwachung eingesetzt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der taz vorliegt. Zudem werden demnach mehr als 12 Millionen Euro an Fördergeldern für die Erforschung der Videoerkennung ausgegeben.

Weiter geht aus der Antwort hervor, dass das Bundeskriminalamt seit 2001 insgesamt 42 Personen zur "Verhinderung oder Aufdeckung terroristischer Straftaten und terroristischer Aktivitäten" mit Kameras überwacht hat. Dazu kommen 794 vom Bundesverfassungsschutz per Video überwachte Personen aus dem "Bereich des islamistisch motivierten Terrorismus". In wie vielen Fällen so Straftaten verhindert wurden, kann die Regierung nicht sagen. Eine "statistisch erfassbare 'wesentliche' Kausalität" sei "kaum darstellbar".

Das irritiert den Linken-Bundestagsabgeordneten Jan Korte. "Entweder ist die Videoüberwachung erfolgreich, dann sollte die Bundesregierung benennen können, wo was verhindert oder aufgeklärt werden konnte", sagte er der taz. "Wenn sie das nicht kann, soll sie auch endlich damit aufhören die Videoüberwachung als unverzichtbares Instrument zu propagieren."

Ebenso verweigert die Regierung eine Aufschlüsselung der 3.000 auf Bahnhöfen eingesetzten Kameras nach Bundesländern, da dies das "Staatswohl" gefährden würde. Eine Ansicht, die der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar, nicht teilt. Er hielte sogar die Nennung der einzelnen Bahnhöfe und die Zahl der jeweils eingesetzten Kameras für unproblematisch. Dies würde "zu keiner Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" führen, schrieb er im Mai.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • GB
    Großer Bruder

    Und täglich grüßt der Telebildschirm! Von der Scheinwelt, die George Orwell in 1984 entwarf, sind wir tatsächlich nicht mehr weit entfernt. Die biometrische Gesichtserkennung, die Fingerabdrücke in Personalausweis und Reisepass kombiniert mit E-Mail-, Telefon-, Internet- und Videoüberwachung machen es möglich. Diese Daten mit amazon, Payback, Google Earth, Street View, Suchmaschinenprotokolle und Handyortung abgeglichen, ergeben ein glasklares Bild von uns.

     

    1984 sollte in jeder Schule Pflichtlektüre sein, da es linguistisch und politisch höchst interessant und brisant ist.

  • H
    hartnäckig

    Es ist doch völlig klar, wem diese Technik nutzt: denen, die sie installieren, warten usw.

  • R
    raetsel

    warum schaffen wir nicht einfach die polizei ab?

  • T
    T.V.

    Hallo großer Bruder.

  • SS
    Sebastian Schmitt

    Es ist ja eigentlich bekannt, dass Kameras die Kriminalität nicht verhindern sondern sie an andere Orte drängen. Dann macht der Dealer halt 500 meter weiter sein Geschäft.

     

    Straftaten verhindern tuen Kameras auch nicht. An der Reeperbahn hat die Zahl der Straftaten seit der Installation von Kameras sogar zugenommen.

     

    Bei der Aufklärung gibt es natürlich Möglichkeiten, allerdings sind für mich die negativen Folgen bei weitem schlimmer als ein paar Schlägereien weniger aufzuklären. Welche Art von Kriminalität soll es denn eigentlich aufklären? Gewalttaten? Taschendiebstahl? Dafür die Freiheit einer ganzen Gesellschaft aufs Spiel zu setzen ist mindestens grenzwertig.

     

    Da man aber so schön nicht beweisen kann, dass die Kameras nicht funktionieren ist es ein typisches Politikerinstrument. Verhinderte Kriminalität gibt es eigentlich nicht, da etwas was verhindert wurde nie passiert ist. Wie soll man die Sinnigkeit der Kameras also überprüfen? Geht nicht und darum ist es perfekt (perfekt im Sinne von böse :P)

  • AN
    arno nym

    Im Fall der Fälle sieht man wenn überhaupt die Straftat. Oder stellt die Polizei neuerdings Wichtel ein, die dann aus der Kamera springen und die Straftat verhinden?

  • S
    seltenbloed

    Also diese Anfrage ist ja auch selten blöd. Ein Minimum an logischen Denken reicht aus, um festzustellen, dass es sich um eine Anfrage handelt, die gar nicht sinnvoll beantwortet werden kann. Eine Antwort ließe sich nur ermitteln, wenn man einen großen Feldversuch mit Menschen durchführen würde und medienwirksam sämtliche geschilderte Kameras für einen bestimmten Zeitraum abschalten würde. Dann könnte man definierte Zeitsegmente vergleichen. Aber angenommmen, es käme nach der Abschaltung zu mehr Straftaten, wer würde die Verantwortung dafür übernehmen wollen? Eine sinnvolle Anfrage wäre doch eher: wie viele Straftaten konnten durch die Kameras aufgeklärt und juristisch aufgearbeitet werden, bei denen das ohne Kameras nicht der Fall gewesen wäre? Da scheint mir in den vergangenen Jahren doch so einiges dabei gewesen zu sein.

  • J
    jonas

    Nur 3000 Kameras an Bahnhöfen im gesamten Bundesgebiet? Die Zahl erscheint mir etwas gering. Und spätestens wenn man die ganzen Kameras der Läden mit einrechnet wird man denke ich weit über die 10.000 Kameras kommen.