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■ Obwohl es in Brandenburg Affären hagelt ist die SPD populär wie nieIm Franz-Josef-Stolpe-Land

Es ist wohl das schönste Geschenk, das Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe in diesen Tagen überreicht wurde. 57 Prozent der Wähler würden ihre Stimme wieder der SPD geben, lautet das Ergebnis einer forsa-Umfrage, die die Staatskanzlei in Potsdam in Auftrag gab. Das sind gut drei Prozent mehr als bei der letzten Wahl. Weit abgeschlagen ist die CDU mit 16 Prozent; die PDS hält sich bei 19 Prozent.

Stolpe und seine alleinregierende SPD können falsch machen, was falsch zu machen ist – die Wähler honorieren es. Ob es der Rücktritt des Agrarministers Zimmermann war, der einem Betrieb aus seiner Familie fördern ließ, ob es die großzügig vergebenen Millionen an Projekte durch das Arbeits- und Sozialministeriums von Regine Hildebrandt sind oder die Filzvorwürfe gegen Potsdams Baustadtrat Kaminski – die Brandenburger zeigen sich unbeeindruckt.

Brandenburg ist auf dem besten Wege, das Bayern des Ostens zu werden. Hier wie dort gibt es dieses augenzwinkernde Einverständnis mit den Regierenden, diesen gnädigen Umgang mit Affären. Auch in Bayern konnten sich Medien und Opposition noch so sehr an der CSU abarbeiten – solange der schwarze Filz Investitionen und Zukunft verhieß, wurde er geduldet. Der Pakt zwischen unten und oben funktionierte über Jahrzehnte reibungslos, weil das Land aus einem Agrarland in einen Hochtechnologiestandort umgebaut wurde. Nun ist Brandenburg, eines der Armenhäuser der Republik, weit von bayerischer Modernität entfernt. Hier geht es schlichtweg um das Überleben einer Region. Wie Bauinvestoren angelockt und Projekte gefördert werden, interessiert den gemeinen Brandenburger wenig. Was zählt, ist das, was bleibt. Und dabei haben die Sozialdemokraten offenbar keine schlechte Arbeit geleistet. Zwar ist es der Stolpe-Regierung nicht gelungen, nennenswerte Industrien anzusiedeln – aber wer kann das im Osten schon von sich behaupten? Immerhin aber hat sie die Misere in einem erträglichen Rahmen gehalten. Wenn dabei ein wenig mehr als erlaubt gekungelt und hart an Recht und Gesetz entlanggehangelt wird, soll es auch recht sein – das scheint das Motto in Brandenburg zu sein.

So kann Manfred Stolpe beruhigt ins kommende Jahr blicken. Sein Kurs, die Krisen beharrlich auszusitzen, hat sich bewährt. Warum sollte er daran etwas ändern? 73 Prozent der Brandenburger, gar 82 Prozent der älteren unter ihnen, halten ihm die Treue. Solche Traumergebnisse konnte einst nur einer toppen: Franz-Josef Strauß. Severin Weiland

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