Obama kritisiert Geheimdienste: "Knapp der Kugel ausgewichen"
US-Präsident Obama hat auf einem Treffen seine Sicherheitschefs hart kritisiert. Konkrete Maßnahmen für einen sicheren Flugverkehr wurden nicht vorgestellt. Die Häftlinge aus dem Jemen bleiben in Guantanamo.
WASHINGTON apd | US-Präsident Barack Obama hat den Geheimdiensten wegen des in letzter Minute verhinderten Flugzeuganschlags bei Detroit Versagen vorgeworfen. Es habe ausreichend Hinweise auf den Täter gegeben, "aber die Dienste haben dabei versagt, die Punkte zu verbinden", kritisierte Obama mit bislang ungekannter Schärfe. Zwar kündigte er an, er werde die Pannen "nicht tolerieren". Allerdings sagte er zunächst kein Wort zu möglichen personellen Konsequenzen.
"Wir müssen das besser machen, und wir werden es besser machen, und das müssen wir sehr schnell tun", sagte Obama am Dienstag nach einem Treffen mit den US-Geheimdienstchefs und den für Sicherheitsfragen zuständigen Ministern im Weißen Haus.
Dabei kritisierte er insbesondere, dass vorliegende Informationen nicht zu Konsequenzen geführt hätten. Die Regierung wusste demnach, dass Umar Farouk Abdulmutallab im Jemen Kontakte zu Extremisten geknüpft hatte. Und die Dienste hätten gewusst, dass Al Kaida gegen die USA zuschlagen wollte. "Und wir wussten, dass diese Gruppe mit einer ganz bestimmten Person zusammenarbeitete. Und es stellte sich heraus, das es in der Tat die Person war, die an der Weihnachtsattacke beteiligt war."
Über einen "Patzer, der zum Desaster hätten führen können", schimpfte Obama nach Angaben des Weißen Hauses auf dem Krisengipfel. "Nur ganz knapp sind wir der Kugel ausgewichen. Abgewendet wurde es von mutigen Personen, und nicht, weil das System funktionierte."
Die heftige Schelte kam offenbar an. "Die Geheimdienstgemeinschaft hat die Botschaft verstanden", erklärte Geheimdienstkoordinator Dennis Blair. "Wir werden Fortschritte machen, um uns den neuen Herausforderungen zu stellen." Konkrete Maßnahmen, wie der Flugverkehr besser gegen terroristische Bedrohungen geschützt werden könne, wurden am Dienstag aber nicht vorgestellt.
Als Konsequenz aus der Beinahe-Katastrophe stoppte Obama allerdings die Abschiebung von jemenitischen Guantanamo-Häftlingen in ihr Heimatland. Fast die Hälfte der noch 198 Guantanamo-Insassen sind Jemeniten. In dem südarabischen Staat soll der verhinderte Attentäter von Terroreinheiten ausgebildet worden sein. Obama bekräftigte aber seine Absicht, das Gefangenenlager auf Kuba so bald wie möglich zu schließen.
Unterdessen wurde bekannt, dass es am Flughafen Newark, auf dem ein Terminal am Sonntag für sechs Stunden geschlossen worden war, zu einer doppelten Sicherheitspanne gekommen war. Zunächst war ein Unbekannter durch einen Ausgang in falscher Richtung in den Sicherheitsbereich gelangt. Und weil die Kamerabilder von der Sicherheitsschleuse nicht aufgezeichnet wurden, konnte der Eindringling nicht identifiziert werden, wie die Behörden nun mitteilten.
Die Kameras waren vor zwei Jahren von den Verkehrssicherheitsbehörden in Betrieb genommen worden. Wie lange sie nicht aufzeichneten, war zunächst unbekannt. Nach wie vor fehlt von dem Unbekannten jede Spur.
Auf dem Flughafen von Bakersfield in Kalifornien lösten am Dienstag fünf Flaschen mit Honig Terroralarm aus und legten den Flugbetrieb stundenlang lahm. Ein Gärtner aus Milwaukee hatte den in Gatorade-Flaschen gefüllten Honig in seinem Handgepäck. Bei ersten Überprüfungen schlug der Alarm wegen mutmaßlicher Spuren des Plastiksprengstoffs TNT an, wie die Polizei am Flugplatz Bakersfield Meadows Fields. Zwei Beamte erklärten, ihnen sei von Dämpfen aus der Reisetasche übel geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Schwarz-rote Sondierungen
So einfach darf Merz nicht davonkommen
Neue Milliardenkredite für Verteidigung
Union und SPD wollen Schuldenbremse reformieren
Der Pazifismus der Linkspartei
Mehr Rationalität wagen
US-Waffenhilfe für die Ukraine
Wir sind dann mal raus
Amokfahrt in Mannheim
Mit dem Auto in der Waffenverbotszone
Eingestellte US-Waffenlieferungen
Nicht nur die Ukraine droht zum Opfer zu werden