Obama geht in Führung: Hillary Clinton in Panik
Obama gewinnt in drei Bundesstaaten und liegt bei den gewählten Delegierten vor Clinton. Doch bei den Vorwahlen dürften beide nicht mehr auf die notwendige Mehrheit kommen
BERLIN taz Dass auch die drei Vorwahlen vom Dienstag in Virginia, Maryland und Washington, DC, an Barack Obama gehen würde, hatten die Umfragen nahegelegt und die Kommentatoren erwartet. Mit welch großem Abstand Hillary Clinton allerdings in allen WählerInnengruppen mit Ausnahme der weißen Frauen deklassiert würde, kam dennoch überraschend. Acht klare Siege in Folge: Zum ersten Mal seit Beginn des Vorwahlprozesses Anfang Januar hat es mit Obama ein Kandidat geschafft, ein momentum, einen Vorwärtsdrall aufzubauen, ohne ihn gleich bei der nächsten Abstimmung wieder zu verlieren.
Entsprechend hektisch agiert das Clinton-Lager. Nach dem Wechsel im Wahlkampfteam am Wochenende, als dessen langjährige Leiterin Patti Solis Doyle durch Clintons frühere Stabschefin Maggie Williams ersetzt wurde, hat nun auch der stellvertretende Teamchef Mike Henry gekündigt. Er wolle Williams nicht dabei im Wege stehen, schnell eine neue Führung für ein neues Team zusammenzubekommen, sagte er.
Schon erscheinen in praktisch allen Zeitungen des Landes halb hämische, halb nachrufähnliche Artikel über die einstige Favoritin. "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff", "Rette sich, wer kann" und "Endlich sinkt die Titanic" sind nur einige Überschriften aus Blogs und Internetforen - in denen Obama-Anhänger schon lange die lautere Fangemeinde bilden.
Will Hillary Clinton noch eine Chance auf die Nominierung wahren, muss sie diesen Trend umdrehen. Die einzige realistische Chance hat sie am 4. März bei den Vorwahlen in den Großstaaten Ohio und Texas. Sie muss, da sind sich inzwischen alle Analysten einig, in beiden Staaten deutlich gewinnen, um wieder auf die Siegerstraße gelangen zu können.
Dennoch: Nur aus eigener Kraft heraus können weder Obama noch Clinton es noch schaffen, die Mehrheit von 2.025 der insgesamt 4.049 Delegierten des Nominierungsparteitages zu gewinnen. Insbesondere Obamas Anhänger fürchten daher eine andere, zumindest ergänzende Strategie aus dem Clinton-Lager. Sie glauben, Clinton könnte versuchen, gerichtlich dagegen vorzugehen, dass den beiden Staaten Michigan und Florida vom nationalen Parteivorstand der Demokraten als Abstrafung für unbotmäßig frühe Vorwahltermine alle Delegiertenstimmen entzogen wurden. Käme sie damit durch und würden im Nachhinein noch Delegierte zugeteilt, wären die gut 400 Stimmen aus diesen beiden Staaten nahezu komplett bei ihr, weil sich ihr Konkurrent Barack Obama sich dort gar nicht erst auf die Stimmzettel setzen ließ.
Beim Kampf um die Superdelegierten geht es darum, jene 795 Kongressmitglieder, Parteifunktionäre und Honoratioren, die stimmen dürfen, wie sie möchten, auf die eigene Seite zu ziehen. Im schlimmsten Fall könnte es so kommen, dass eine Mehrheit der Stimmen und gewählten Delegierten bei einem Kandidaten liegt, wegen der Superdelegierten aber der oder die andere gewählt wird. Das wäre zwar politischer Selbstmord der Demokraten und ist daher unwahrscheinlich - aber nicht ausgeschlossen.
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