ORF-„Tatort“ aus Wien: Grandios schmieriger Bösewicht
Was im vergangenen „Tatort“-Jahr sehr gefehlt hat: ein Bösewicht der alten Schule. Da ist er: Ein Typ, der so viel Macht hat, dass er cool bleiben kann.
Rückzug: Glaub mer’s, die richtige Strategie im richtigen Moment.“ Da sitzt dieser Typ plötzlich im Dunkeln neben Moritz Eisners Bett, akkurater Schnauzer, eleganter Mantel mit Pelzkragen, Krawatte, Sakko, schwarze Cowboystiefel, Goldring, und gibt dem Kommissar (Harald Krassnitzer) gute Ratschläge. Und diese andere Sache, ne, „das waren die Islamisten, das wollte ich nur sagen“, sprach’s , und die Tür klappt hinter ihm zu.
Michael Fuith spielt den Wiener Rotlichtking Andy Mittermeier so grandios schmierig, dass einem klar wird, was im vergangenen „Tatort“-Jahr sehr gefehlt hat: ein Bösewicht der alten Schule. So ein richtig mieser Typ, der so viel Macht hat, dass er gelassen zurückgelehnt bleiben kann – sich aufregen wirkt nun einmal immer eher, mei, brutal unsouverän.
Dieser Mittermeier spielt seine Züge strategisch so schlau aus, dass Krassnitzer ordentlich was abbekommt. Und dem altbekannten Inkasso-Heinzi (Simon Schwarz) hat der Schurke sogar den Puff abgeluchst. Die eigentliche Chose, der Eisner und die Bibi (Adele Neuhauser) auf die Spur kommen, spielt sich im Nachbarhaus ab: Menschenhandel, Schleuserbanden, Zwangsprostitution, das ganze Elend, das sich hinter den sanierten Fassaden unserer Wohlstandsgesellschaft abspielt.
Was erst auffliegt, als in einem der Bordelle ein Typ kopfüber in der Kommode steckt, Hände und Zunge mit dem elektrischen Küchenmesser abgesägt. Und ja, mit diesem blutüberströmten Tatortsetting hat sich Autor und Regisseur Thomas Roth, ein alter „Tatort“-Hase, ein kleines Denkmal gesetzt – der Anblick ist absurd eindrücklich.
Der Rest – Plot, Nebenhandlung, Auflösung – ist maximal Durchschnittsware. Aber so kurz nach der langen Pause: egal. Nur die Sache mit dem Hund, den die Ermittler da zwangsadoptieren, die hätten sie sich echt sparen können.
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