OHNE JONAS SAVIMBI HAT ANGOLA EINE CHANCE ZUM NEUANFANG: Von der Kriegs- zur Friedenslogik
Jonas Savimbi war ungemein nützlich. Zu Lebzeiten war der Rebellenführer von Angola das ideale Schreckgespenst. Regierung und internationale Gemeinschaft dämonisierten ihn als Terroristen, der allein an Angolas Elend schuld sei.
Jetzt ist Savimbi tot. Und jetzt müssen alle Kräfte, die Angola helfen wollen, die wahren Mechanismen betrachten, die Angola in den letzten 40 Jahren zerstört haben. Das Land wurde 1975 von Portugal in die Unabhängigkeit entlassen, während verschiedene bewaffnete Gruppen darin bereits um die Vorherrschaft kämpften. Sie taten das jeweils mit Unterstützung der großen Supermächte, womit sie ihrem Machtkampf einen völlig irrealen ideologischen Überbau gaben. Das führte dazu, dass kein Krieg der Welt so missverstanden worden ist wie der in Angola. Während die Weltmächte auf angolanischem Boden einen Stellvertreterkrieg des Ost-West-Konflikts ausfochten, erlebten die Angolaner auf beiden Seiten die Terrorherrschaft von Warlords und bekamen nie Gelegenheit, sich friedlich über ihre Identität und Staatsform Gedanken zu machen. Und da der Ost-West-Konflikt mit Angolas innerer Kriegsdynamik nichts zu tun hatte, bescherte auch die Entideologisierung der Weltpolitik dem Land keinen Frieden. Vielmehr ist Angola heute einer der korruptesten und brutalsten Staaten der Welt. Aber die herrschende MPLA konnte das immer mit dem Verweis auf den noch viel schlimmeren Savimbi rechtfertigen.
Angolas Regierung hat jetzt die Wahl. Sie kann entweder zum Endsieg blasen oder sie kann sich als versöhnlicher Sieger geben und die politische Zukunftsdebatte eröffnen, die Angola so bitter nötig hat. Um Letzteres zu erzwingen, müssen die Länder, die Angolas Regierung Öl abkaufen und dafür Waffen liefern, den Dialog mit Angolas Friedenskräften aufnehmen: mit Kirchenleuten, Menschenrechtsgruppen, traditionellen Führern, der Zivilgesellschaft der Städte. Ein kaputtes Land, dessen Regierung in Ölmilliarden schwimmt, müsste seine Probleme eigentlich lösen können – aber nicht mit militärischer Gewalt. Ein toter Savimbi rechtfertigt keinen Krieg mehr. DOMINIC JOHNSON
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