OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Die französische Schauspielerin Musidora kam in den Jahren 1915/16 als vermutlich erster Vamp der Filmgeschichte zu Ehren: In einem hautengen schwarzen Kostüm spielte sie in Louis Feuillades fantastischem Abenteuerserial „Les vampires“ die Verbrecherin Irma Vep. Jene ist die Anführerin einer Bande von Ganoven, die Paris mit Mord und Entführungen in die Anarchie stürzt, was der Journalist Guérande und sein Freund Mazamette sowie eine eher wenig erfolgreiche Polizei zu verhindern suchen. Schießereien, Giftanschläge, Hypnose und Orgien sind nur einige Handlungselemente der Serienepisoden, von denen das Eiszeitkino am Samstag die ersten beiden zeigt. Dazu gibt es eine Lesung, bei der Rike Felka aus den „Vampirismus-Vorlesungen“ von Larry Rickels vorträgt. Zuvor kann man sich einen Film ansehen, der von Feuillades Serial inspiriert ist: Olivier Assayas inszenierte „Irma Vep“ 1996 als eine Film-im-Film-Geschichte, in der Hongkong-Star Maggie Cheung von einem Nouvelle-Vague-Regisseur (Jean-Pierre Léaud) engagiert wird, um in einem Remake von „Les vampires“ die Rolle der Irma Vep zu übernehmen. Der Film folgt den Protagonisten zur Arbeit am Filmset, lässt sie über das Kino diskutieren und blickt auf ihre Liebesgeschichten. Vor allem aber ist „Irma Vep“ auch eine Liebeserklärung von Assayas an Maggie Cheung, die hier ihr Image als geheimnisvoller und erotischer Actionstar reflektiert.
Mit der Faszination des Unheimlichen – und der anschließend zwingend logisch durchgeführten Aufdeckung und Erklärung desselben – spielten auch stets die Sherlock-Holmes-Filme. Die Artur-Brauner-Produktion „Sherlock Holmes und das Halsband des Todes“ lässt den britischen Detektiv in einem von Drehbuchautor Curt Siodmak frei erfundenen Fall zur Tat schreiten: Nachdem der Archäologe Professor Moriarty ein Geschmeide der Kleopatra an sich gebracht hat, müssen Holmes und Dr. Watson ihm das wieder abjagen. Ohne ins Detail gehen zu wollen: Sinn macht die Geschichte leider überhaupt keinen. Trotzdem ist der Film ein solides Stück Arbeit. Inszeniert vom britischen Hammer-Studio-Hausregisseur Terence Fisher und fotografiert vom Kamera-Veteranen Richard Angst bietet er dem Zuschauer genau das, was der sich von einem Detektivfilm dieser Art erwartet: einen souveränen und überheblichen Holmes (Christopher Lee), stimmungsvolle Schauplätze (Herrenhaus, Ganovenkneipen und Kanalisation) sowie einen Schurken (Hans Söhnker), der vor nichts zurückschreckt.
Eines der schönsten Beispiele für Peter Sellers’ Komik der totalen Entfremdung von seiner Umwelt findet sich in Blake Edwards’ Komödie „Der Partyschreck“: Als indischer Kleindarsteller Hrundi V. Bakshi stolpert Sellers völlig verloren durch die Hollywood-Party eines Studiobosses, zu der er versehentlich eingeladen wurde. Er kennt niemanden, niemand kennt ihn, und mit jeder Art von Technik steht Bakshi auf dem Kriegsfuß: ob Springbrunnen, Klospülung oder Schaumbad – langsam steigern sich die Katastrophen ins Unermessliche. LARS PENNING
„Irma Vep“ (OmU), „Les vampires“ (OmU) 26. 7. im Eiszeit
„Sherlock Holmes und das Halsband des Todes“ 27. 7. im Zeughauskino
„Der Partyschreck“ (OmU) 28. 7. im Freiluftkino Schwarzenberg