piwik no script img

OECD-StudieMieses Zeugnis für Deutschland

Deutsche Unis bringen zu wenig Absolventen hervor - so sehr, dass Hochqualifizierte am Arbeitsmarkt fehlen. Besonders schlimm ist es in naturwissenschaftlich-technischen Fächern.

Die Zahl der deutschen Absolventen stieg zwar leicht - hinkt aber noch immer hinter anderen Ländern her. Bild: dpa

Schlechtes Feedback für die Bildungsrepublik: Bei der Ausbildung von Hochqualifizierten fällt Deutschland im internationalen Vergleich der 30 wichtigsten Industrienationen immer weiter zurück. Das ergab die jüngste Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Danach ist der Anteil der Studienanfänger sowie der Absolventen in den meisten OECD-Ländern deutlich schneller und auf einem höheren Niveau gewachsen als in Deutschland. „Diese Entwicklung kann nicht befriedigen“, sagte die für Bildung zuständige OECD-Direktorin Barabara Ischinger bei der Vorstellung der Studie. „Der Bedarf an Hochqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt ist so kaum zu decken.“

Der negative Trend werde sich laut Studie in den kommenden Jahren noch verstärken. „Dafür spricht die stagnierende Zahl der Studienanfänger“, sagt Ischinger. Andere Staaten hätten auf den Bedarf an Spitzenkräften schneller und umfassender reagiert. So stieg zwar die Anzahl der Uni- und Fachhochschulabsolventen hierzulande in den Jahren 2000 bis 2006 von 18 auf 21 Prozent pro Jahrgang. Doch im OECD-Länderschnitt wuchs der Anteil der Absolventen im gleichen Zeitraum von 28 auf 38 Prozent.

Besonders in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern fehlen Absolventen. Obwohl in kaum einem anderen OECD-Land ein größerer Anteil der Studierenden einen Abschluss in diesen Fächern erwerbe, seinen wegen der insgesamt geringen Ausbildungsquote in Deutschland Hochqualifizierte in diesen Fächern unter jungen Erwerbstätigen „deutlich unterrepräsentiert“, so die Studie.

Zugleich sinken die Bildungsausgaben in Deutschland. So gaben die OECD-Länder 2005 6,1 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Finanzierung ihrer Bildungseinrichtungen aus, Deutschland nur 5,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • JS
    Jürgen Selbolder

    Dann weinen wir mal mit der OECD:

    Erstens

    kann man es auch so sehen, dass in Deutschland so VIELE Hochqualifizierte ausgebildet werden, dass viele ins Ausland gehen.

    Zweitens

    ist interessant, dass es nicht um Menschen geht, sondern darum, den "Bedarf an Hochqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt" zu decken.

     

    Wenn man sich nicht um die Chancen junger Leute schert, juckt mich der Arbeitsmarkt auch nicht!

  • EB
    Erich Behrendt

    Im internationelan Vergleich wird es in Deutschland immer weniger Akademiker geben, bis entweder die Ansolventen der dualen Berufsausbildung/Fachschulen dazu gezählt oder diese Ausbildungsform abgeschafft wird. Denn diese etablierte und bewährte Form der Ausbildung von Fachkräften fehlt in den meisten Industrieländern. Uns fehlen Fachkräfte in vielen technischen Berufen, aber das sind meist keine Akademiker.

  • N
    Nein-Sager

    Diese statistischen Ergebnisse kann ich nur bestätigen, als ehemaliger Student eines technisch-naturwissenschaftlichen Faches an einer Universität in Deutschland.

    Die Studienbetreuung war zumindest an dieser Uni dermaßen schlecht, dass ich das Studium letzendlich geschmissen habe. Die Hörsäle waren überfüllt, so dass man in einigen Vorlesungen auf dem Boden (!) Platz nehmen musste. Daran änderten auch Studienproteste nichts.

    Vor allem die didaktischen Qualitäten der Lehrkräfte waren auf einem unglaublich schlechten Niveau.

    Ich hatte den Eindruck, dass die Professoren dann richtig zufrieden mit ihrer Leistungen waren, wenn alle nur noch Bahnhof verstanden.

    Eine Förderung von durchschnittlichen Studenten gab es nicht. Die Große Masse mittelmäßig begabter Personen hatte keine Chance. Meiner Meinung nach lag dies nicht an mangelndem Fleiß oder mangelnder Intelligenz sondern daran, dass kein roter Faden in vielen deutschen Uni-Vorlesungen erkennbar ist.

    Selten, dass ein Dozent zu Anfang der Vorlesung ein Inhaltsverzeichnis vorlegt, um überhaupt einen groben Überblick zu bekommen. Oft fangen Verstaltungen mit irgendeinem Gekrakel von Formeln an der Tafel an. Es folgt keien Einleitung, keine Überleitung zum Thema, keine Praxisbeispiele...

    Da wundert es doch keinen, wenn die Leute den Unis den Rücken kehren und zu Fachhochschulen oder in praktische Berufe wechseln.

    Ich denke, auch deutsche Studenten setzten sich gerne mit anspruchsvollen Sachverhalten auseinander und sind sogar überaus motiviert. Was nützt dies, wenn einem keine Anweisungen, keine Hife usw. gegeben werden?