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Archiv-Artikel

Nußbaum zieht die Zügel an

HAUSHALT Der Finanzsenator findet es richtig, den Bezirken fürs Geldausgeben mehr Vorgaben zu machen. Grundsätzlich hält er sie auch für ausreichend mit Geld versorgt

„Ich bezweifle, dass dieser Weg des Finanzsenators richtig ist“

BEZIRKSBÜRGERMEISTER SCHULZ

VON STEFAN ALBERTI

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) rüttelt an einem Grundpfeiler der Berliner Verwaltung: Er will den Bezirken genauere Vorgaben machen, wofür sie ihr Geld verwenden. Bislang bleibt das den Bezirken teilweise selbst überlassen. Das stößt auf Ablehnung. „Ich bezweifle, dass dieser Weg richtig ist – er nimmt uns die Möglichkeit, Schwerpunkte zu setzen“, reagierte der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), gegenüber der taz.

Nußbaums Vorstoß rührt an die seit Jahren diskutierte zweistufige Verwaltung Berlins. Die Industrie- und Handelskammer sieht darin einen Bürokratiewust und fordert seit Längerem ein Ende dieses System. Die zwölf Bezirke, obwohl mit je rund 300.000 Einwohnern größer als jede Stadt in Brandenburg, sind keine eigenständigen Kommunen und haben darum keine Steuereinnahmen. Wie viel sie ausgeben dürfen, bestimmt das Abgeordnetenhaus mit dem Landeshaushalt. 2012 waren es insgesamt fast 6 Milliarden Euro, mehr als ein Viertel des Etats.

Ein großer Teil dieses Betrags ist bisher schon festgelegt auf sogenannte Transferleistungen – Geld, das Bürger aus der Landeskasse bekommen, aber beim Bezirk beantragen, etwa Hilfe zur Erziehung. Dieser Posten macht 4 der 6 Milliarden aus. Eine weitere Milliarde entfällt auf die Personalkosten. Über die verbleibende Milliarde aber konnten Bezirke und ihre Parlamente, die Bezirksverordnetenversammlungen, von einigen Einschränkungen abgesehen, selbst entscheiden.

Nußbaum will das ändern. Er könne sich vorstellen, dass man den Bezirken bestimmte Dinge vorgibt, sagte er im Gespräch mit Journalisten – etwa bei der Straßenreparatur oder dem Kita-Ausbau. „Etiketten an das Geld kleben“, nennt der Senator das.

Grundsätzlich ist Nußbaum der Ansicht, dass die Bezirke genug Geld vom Land bekommen. Die Bezirke hatten das wiederholt bestritten. Der Finanzsenator stützte seine Aussage auf die jetzt vorliegende Jahresabschlussrechnung für 2012. Elf von zwölf Bezirken machten kein Minus und hatten am Jahresende teils noch beträchtliche Beträge in der Kasse – Spandau und Marzahn-Hellersdorf jeweils fast 11 Millionen.

Die will Nußbaum ihnen nach eigener Aussage nicht nehmen. Doch frei darüber verfügen und damit etwa ein Minus im kommenden Jahr ausgleichen sollen sie auch nicht dürfen. Denn sonst hätte Nußbaum nicht bemängeln dürfen, dass der grün regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg 2012 fast 3 Millionen Euro mehr ausgab als geplant. Der Bezirk könnte das Minus eigentlich durch Überschüsse aus früheren Jahren ausgleichen. Das aber ist Nußbaum zu viel Eigenständigkeit: Auch in den Bezirken dürften die Ausgaben wie im gesamten Landeshaushalt gegenüber dem Vorjahr um höchstens 0,3 Prozent steigen, meint er.

Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeister Schulz findet, dass das Reinreden Nußbaums der verbliebenen bezirklichen Eigenständigkeit zuwiderläuft. „Wir haben bei uns einen Schwerpunkt auf frühkindliche Erziehung gelegt, andere Bezirke haben andere Schwerpunkte“, sagte Schulz. Das sollte nach seiner Ansicht auch so bleiben, „weil die Bezirke nur dann so reagieren können, wie es die konkrete Situation erfordert.“