prüfung wiederholen? : Nur wer erwischt wird, fällt durch
Es ist ein Skandal. Bei der Mathematikprüfung für alle Zehntklässler wurde massiv geschummelt. Einem Teil der Schüler waren die Aufgaben vorab bekannt. Das kommt immer vor. Zum Skandal wird die Panne erst, weil nun alle 28.000 Schüler die Klausur wiederholen sollen.
CONTRA VON GEREON ASMUTH
Solch eine Kollektivverurteilung widerspricht nicht nur der allgemeinen Rechtsauffassung. Sie erinnert an längst überwundene Zeiten, in denen der zu Recht noch Pauker genannte Lehrer die ganze Klasse bestrafte, wenn er eine Untat keinem einzelnen Schüler nachweisen konnte.
Zudem wird die Prüfungswiederholung keinen Deut gerechter. Denn Schüler mogeln immer. Und das nicht erst seit letzter Woche. Sicherlich lässt sich eine Handvoll Streber finden, die auch im hohen Erwachsenalter noch behaupten, alle Klausuren ohne unerlaubte Hilfe abgelegt zu haben. Alle anderen aber wissen mit Vergnügen von Spickzetteln und vorab „gefundenen“ Aufgabenbögen zu berichten.
Natürlich ist jede Schummelei ungerecht. Deshalb gibt es die Regel: Wer erwischt wird, fällt durch. Dieses Risiko muss jeder Schüler abwägen – egal ob er mit handgeschriebenem Spickzettel oder mit Lösungen aus dem Internet in die Prüfung geht. Im Umkehrschluss aber heißt die Regel: Wem keine Mogelei nachzuweisen ist, dem müssen die Lehrer die Arbeit benoten.
Zugegeben: Zwei Dinge haben sich in den letzten Jahren geändert. Seit Einführung der Zentralprüfung interessiert der Aufgabenzettel nicht mehr nur 28 Schüler einer Klasse, sondern die 28.000 eines Jahrgangs. Und Dank moderner Kommunikationsmittel lassen sich solch heiße Infos schnell verbreiten. Doch früher waren vielleicht je 5 von 28 Schülern einer Klasse besonders vorbereitet. Selbst wenn es heute 5.000 von 28.000 eines Jahrgangs sind – das Verhältnis bleibt gleich. Das ist eine ganz einfache Rechenaufgabe.
Wer Angst vor einer Riesenpanne hat, darf kein Riesensystem wie die Zentralprüfung einführen. Wer sie haben will, muss mit dem Risiko leben.