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Nuklearer Abfall in NRWUpps, wo ist jetzt der Atommüll hin?

In NRW sind 2.285 radioaktive Brennelementekugeln verschwunden. Nun wird spekuliert, wo sie sein könnten. Angeblich gingen sie zu Bruch und wurden einzementiert.

NRW-Wissenschaftsministerin Schulze spekuliert, die Kugeln seien im Atommüllager Asse. Bild: dpa

BERLIN taz | In Nordrhein-Westfalen hat ein Versteckspiel der besonderen Art wilde Spekulationen über den Verbleib radioaktiver Brennelemente ausgelöst: Wie die dortige Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) in einer Antwort auf die Anfrage der mitregierenden Grünen bestätigte, ist der Landesregierung unklar, was mit 2.285 Brennelementekugeln passiert ist, die zwischen 1967 und 1988 im Versuchsreaktor Jülich zum Einsatz gekommen waren.

Brennelementekugeln sind mit Uran und Plutonium gefüllte tennisballgroße Kugeln aus Grafitkeramik, zwischen denen in Lagerbecken eine Kernreaktion entstehen kann. Die als Alternative zu klassischen Brennstäben entwickelte Technik wurde zwischen 1967 und 1988 in Jülich erprobt, konnte sich aber aufgrund der Sicherheitsrisiken nicht durchsetzen. Insgesamt wurden in dem Forschungsreaktor 290.705 Kugeln eingesetzt. 288.161 davon lagern heute in 152 Castorbehältern im Zwischenlager Jülich.

Was mit den restlichen Kugeln passierte, weiß man nach Angaben der Landesregierung, der die Atomaufsicht für Jülich unterliegt, nicht. Das Forschungszentrum teilte dagegen mit, der Landesregierung sei bekannt, dass eine Restmenge zu Bruch gegangener Kugeln in Jülich zur Lagerung einzementiert worden sei. Ob es sich dabei um die Gesamtmenge des vermissten Mülls handelt, konkretisierten die Betreiber nicht.

Ohne Anhaltspunkte zu nennen, vermutet Wissenschaftsministerin Schulze die radioaktiven Kugeln dagegen im maroden Atommülllager Asse. Das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber des Schachts Asse wies diese Darstellung zurück. Ein Sprecher sagte: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Betreiber der Jülicher Anlage und die Landesaufsicht nicht Auskunft darüber geben können, wo die abgebrannten Kernbrennstoffe verblieben sind."

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9 Kommentare

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  • M
    meta

    Was für ein Gepansche!!! Was soll man da noch zu sagen?

     

    Wer weiß auch schon was in 30.000 Jahren ist? Selbst vermeintlich sichere Endlager sind von neuen Generationen womöglich in Vergessenheit geraten.

     

    Die Annahmen der Geologen, die sich auf die Sicherheit der möglichen Endlager wie Asse oder Gorleben beziehen, gehen auf menschliche Erkenntnisse der letzten 200 Jahre zurück...

     

    Atomkraft wird künftigen Menschheitsgenerationen sicher noch eine strahlende

    Zukunft bescheren.

  • K
    Kid

    Hoffentlich liegen die Kugeln unterm Kopfkissen der Betreiber, denn da liegen sie am besten !!!

    Wahnsinn ist, wenn man immer das Gleiche macht, aber mit andern Resultaten rechnet.....

  • FB
    Franz Beer

    Wenn nach 40 Jahren Atom-proteste,nach Tschnobyl,Harrisburg,jetzt aktuell Japan.Noch immer an der Atomkraft festhält der ist meiner Meinung nach als verantwortlicher ,(CDU_CSU_FDP.vollkommen verblendet.Dieses aktuell Verschwinden von Atomüll,aus dem ohne großen Aufwand ,,Schmutzige Bomben,,gebaut werden können ,zeigt wie sorglos die Atomindustrie mit Ihrem Müll umgeht.Aus den Augen aus dem Sinn.Was intressiert es uns.Irgendwie wirds wohl weitergehen.Wir krisieren den umbedachten Umgang mit Atom in Rußland.Ich kritisier den umbedachten Umgang Hier in der BRD.Unser Fazit.Schnell verbuddeln dann merkts keiner.Alles wie gehabt.Auf die nächsten Millionen Jahre ,unsere Kinder werden es uns danken.

  • T
    Toby

    Sicher will der Asse-Betreiber nichts davon hören, daß die Dinger bei ihm lagern könnten. Er darf ja, so weit ich mich erinnere, gar kein Plutonium einlagern. Und das würde man doch dann auch gar nicht machen.

    Aber keine Sorge. Kernenergie ist sicher.

  • B0
    Bürger 08/15

    Welch Zufall, hier findet man sogar Infos:

    http://aufpassen.org/inpmjanun.html

    Und Lieferpapiere wo eindeutig AVR-BE vermerkt sind:

    http://aufpassen.org/AVR-BE-Kugeln1973-76.pdf

     

    Vielleicht sollte man mal in den Akten der GfS bzw deren (Rechts-)Nachfolger forschen und man wird sicher was finden. Oder sind die Orginal-Unterlagen rein zufällig nach dem Ende einer Aufbewahrungsfrist (gemäß deutscher Gründlichkeit und Vorschrift) bedauerlicherweise im Reisswolf gelandet?

    Man hatte ja eh nie vor den Atommüll aus dem sogenannten "Versuchs"-Endlager AsseII wieder rauszuholen. Aus den Augen, aus dem Sinn.....

     

     

    MfG

  • R
    Rainier

    Jetzt sollen die Kugeln also als Bruch vorgelegen haben und einzementiert worden sein. Dumm nur dass der AVR-Abschlussbericht von nur 200 zerbrochenen Kugeln spricht. Wären es 2000 gewesen, dann wäre zwar der Verbleib der Kugeln klar, aber das Prinzip des Kugelhaufenreaktors wäre endgültig als unbrauchbar einzustufen. Könnte hier zugunsten der Exportchancen des Kugelhaufenreaktors (Südafrika / Projekt mittlerweile zusammengebrochen, China) gemogelt worden sein?

  • R
    Rainier

    Jetzt sollen die Kugeln also als Bruch vorgelegen haben und einzementiert worden sein. Dumm nur dass der AVR-Abschlussbericht von nur 200 zerbrochenen Kugeln spricht. Wären es 2000 gewesen, dann wäre zwar der Verbleib der Kugeln klar, aber das Prinzip des Kugelhaufenreaktors wäre endgültig als unbrauchbar einzustufen. Könnte hier zugunsten der Exportchancen des Kugelhaufenreaktors (Südafrika / Projekt mittlerweile zusammengebrochen, China) gemogelt worden sein?

  • U
    Upps

    Upps, der Atommüll hat sich in Luft aufgelöst. In NRW scheint die ultimative Lösung für Atommüll gefunden worden zu sein. Wann gibt es ein paper in Nature oder Science dazu?

    Ich empfehle übrigens Schwarze Löcher für diesen Zweck. Unter meinem Schreibtisch funktioniert ein Nano, oder ist es ein Pico?, Schwarzes Loch als Papierkorb ganz prima.

  • A
    Apollon

    Und ich dachte, der 1. April sei vorbei.

    Unfassbar...