: Nürnberger Signal gegen rechts
■ Oberbürgermeister, Kirchen und Gewerkschaften unterzeichnen gemeinsamen Aufruf gegen Rechtsradikale / Die CSU verweigert die Unterschrift / Befürchtungen zu Kommunalwahlen 1990
Nürnberg (taz) - Nationalismus, Antisemitismus, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhaß dürfen in Nürnberg nie wieder Fuß fassen.“ Als Antwort auf das überdurchschnittliche Abschneiden der „Republikaner“ (17,6 Prozent) und der „DVU-Liste D“ (1,5 Prozent) in der Stadt haben der Nürnberger SPD-Oberbürgermeister, Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche sowie des Deutschen Gewerkschaftsbunds einen „Nürnberger Aufruf gegen Rechtsextremismus“ unterzeichnet. Zielrichtung der Erklärung ist zunächst die im März 1990 anstehende Kommunalwahl. Sowohl REPs als auch DVU/NPD haben dort ihre Kandidatur angekündigt.
Die Erklärung erinnert an die Vergangenheit Nürnbergs im Nationalsozialismus als Stadt der Reichsparteitage und Rassengesetze. Gerade deshalb müsse heute und in Zukunft in Nürnberg „ein Klima der Toleranz und Weltoffenheit“ herrschen. „Nationalistische Engstirnigkeit und Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern“, wie sie die „rechtsradikalen“ REPs und die „neofaschistische“ NPD/DVU vertreten, würden dieses Klima gefährden.
Die Ursache für das hohe rechtsradikale Wählerpotential im rot-grün regierten Nürnberg sehen die Unterzeichner in sozialen Problemen. In der Stadt gibt es 15.000 Arbeitslose, mehr als 36.000 Sozialhilfeempfänger und mehr als 9.000 Wohnungssuchende. „Ausländische Mitbürger und Asylbewerber dienen als Sündenböcke, obwohl sie unter diesen Problemen genauso leiden.“ Mit dem Appell soll die Bevölkerung „eindringlich“ davor gewarnt werden, „dem Ansehen der Stadt schadenden Parteien den Einzug in das Nürnberger Rathaus zu ermöglichen“.
Während SPD und Grüne in dem Aufruf ein positives Signal sehen, will die örtliche CSU ihre Unterschrift verweigern. Die Christlich-Sozialen werden bei den ebenfalls im März anstehenden OB-Wahlen auf die Stimmen der REPs angewiesen sein, wollen sie das „rote Rathaus stürmen“. CSU -Fraktionsvorsitzender Ludwig Scholz will denn auch nicht in die „Verteufelung“ von REPs und DVU/NPD einstimmen. Der Appell erzeuge ledig lich „Stimmung, die nichts nützt“.
bs
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