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Archiv-Artikel

Nostalgie-Nachtschicht

Von niap

Beim Kneipenfestival „Nachtschicht“ zeigt die Bauhaus-Stadt ihr wahres Gesicht. Übersättigt von reduzierten Formen und eleganter Geometrie bevorzugen die Dessauer Ureinwohner beim Feiern proletarisch-ehrliche Werte wie Bier, Nackensteaks und Rock‘n Roll. Und die Moderne bleibt draußen. Zwischen Eike „The Voice of Elvis“ und den größten Hits der Sechziger, zwischen „Bistro 1930“ und Südstaatenflagge treffen sich piefiger Kleinstadtkarneval und DDR-Saufkultur. Selbst die Jugend schwoft zu den Klängen der Altvorderen. Als hätte es Eminem nie gegeben. Der Mief dieses nostalgischen Musikantenstadls hängt noch am nächsten Morgen hartnäckig in den Kleidern. In der „Pension Bürgerhaus“ serviert die rüschenbeschürzte Wirtin Eier im Häkelwärmer. Der Gast, schwer von Beatmusik und Bier, blickt auf das gestickte Wandsprüchlein „Wer will sehn die Sunn upstiege, darf nit lang im Bette liege“. Gropius war nie weiter weg. (niap)