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■ NormalzeitNasse Umschläge von der Polizei

Die Morgenpost-Redakteurin Suzan Gülfrat versuchte sich unlängst an einem Bericht über einen Polizeieinsatz in Kreuzberg, bei dem die Familie von Hassan K., der in der Muskauer Straße die Kneipe „Le Soleil“ betreibt, regelrecht überfallen wurde. In der Mopo hatten hernach die Täter das letzte Wort: Die Beamten hätten nur „aus Eigenschutz“ gehandelt, und „ein Arzt habe keine Notwendigkeit gesehen“, tätig zu werden. Also war alles harmlos.

Tatsächlich war aber überhaupt kein Arzt dabei, als über zwölf Spezialeinsatz-Polizisten am 7. November um 5 Uhr morgens die Wohnungstür von Hassan K. (52) einschlugen. Fünf Beamte hätten ihn etwa fünfzehn Minuten lang auf die Matratze gedrückt, erzählt K. Erst als seine Frau, Sakine K. (46), die Polizisten anschrie, ließen sie ihn los. Im Wohnzimmer versuchte derweil der türkische Polizist Hüseyin, die zitternde Tochter Lale (10) zu beruhigen. Eine Polizistin machte dem geschockten Kind einen nassen Umschlag, während die übrigen Beamten die Wohnung auf den Kopf stellten.

Polizeiobermeister Hüseyin habe schließlich beschämt den Schauplatz verlassen, nachdem er einen Wortwechsel zwischen seinem Vorgesetzten und seinem Landsmann hörte. Einsatzleiter Hartmund (Nr. 3759): „Wenn Sie sich nicht beruhigen, lassen wir die 116 kommen!“ (die Psychiatrisierer) Darauf Hassan K.: „Jetzt weiß ich, warum 20 Prozent der Polizisten die Reps gewählt haben!“ Einsatzleiter Hartmund: „Nein, nein, wir haben zu 80 Prozent die Reps gewählt!“ Seine Truppe suchte eigentlich Hassan K.s Sohn (25), der bei seinen Eltern nur noch polizeilich gemeldet ist. Seinetwegen waren zuvor auch schon Kontaktbereichsbeamte dort gewesen – sie hatten sich relativ anständig benommen. Als das Überfallkommando um 7 Uhr wieder abzog, ging die Familie zum Arzt, der Hassan K. blaue Flecken an Rücken, Beinen und am Hals bescheinigte; dann erstatteten die K.s Strafanzeige wegen Körperverletzung. Seit dem Überfall wagt es die Familie nicht mehr, in ihre Wohnung zurückzukehren: Lale schläft bei Verwandten, die Eltern in einem Hinterraum der Kneipe.

Hassan K., der seit 26 Jahren in Berlin lebt, hatte den Theater- Treff „Le Soleil“ 1994 übernommen, primär, um seinen beiden ältesten Töchtern (22 und 28) eine Existenzgrundlage zu schaffen. Seit der Razzia leidet die Jüngste, Lale, unter nervösen Zuckungen, und ihre Schulleistungen sackten ab. Ihr Vater wird ebenfalls von Angstzuständen geplagt, das Essen schmeckt ihm nicht, und wenn er von dem Polizeiüberfall spricht, bekommt er Kopfschmerzen.

In dieser Situation sahen er und seine Frau keinen Sinn mehr darin, die Kneipe weiter zu betreiben, und boten sie einem Makler an. Sie stehen nun kurz davor, in die Türkei zurückzugehen. Wie zum Hohn bekamen sie gerade jetzt die deutsche Staatsbürgerschaft! Hassan K. wandte sich an den bündnisgrünen Abgeordneten Ismail Kosan. Dieser versicherte mir nun: „Das ist nicht der einzige Fall. Unlängst wurde einem Jugendlichen bei einer Hausdurchsuchung ein Backenknochen gebrochen. Bei einer portugiesischen Familie quartierten sich Polizisten tagelang ein, um den Sohn zu verhaften. Ich werde eine kleine Anfrage einbringen, wohl wissend, daß die Antwort der Senatsverwaltung für Inneres unbefriedigend sein wird. Solch ein Rambo-Vorgehen gegen Unbeteiligte läßt sich mit dem bloßen Verdacht gegen einen Angehörigen nicht rechtfertigen, das ist reine Schikane.“ Helmut Höge

wird fortgesetzt

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