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„Normales“ Sexualleben

■ betr.: Homotaz vom 28./ 29.6. 97

Ich sage: Gott sei Dank, ich bin nicht schwul! Ihre Ausgabenseiten 13–20 kotzen mich an. Nicht, daß es Schwule und Lesben gibt, sondern daß es Ihnen notwendig erscheint, die Homosexualität so gesellschaftsfähig wie möglich zu machen und darzustellen.

Die Schöpfung hat den Menschen die Sexualwerkzeuge gegeben, das heißt dem Mann einen Penis und der Frau eine Scheide. Und das gehört zusammen. Der After ist nicht dazu bestimmt, das männliche Glied aufzunehmen. Frauen schnallen sich einen Gummipeter um, da habe ich noch ein wenig Verständnis.

Mir ist einmal, in meiner Jugend, ein 175er zu nahe gekommen, was mich sehr abgestoßen hat. Seitdem führe ich ein „normales“ Sexualleben und bin dankbar, daß ich kein Homo bin.

Machen Sie ruhig so weiter, irgendwann sind wir moralisch sowieso am Abgrund... Hans-Edgar Andersen,

Hamburg

[...] Es war an der Zeit, darüber zu berichten, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß es mehr gibt als die fröhlichen ausgelassenen Umzüge zum CSD. Daß es auch viele Lesben und Schwule gibt, die ein sehr gewöhnliches Leben führen, das so ganz und gar nicht dem Klischee der Auffälligkeit und Sexbesessenheit entspricht. [...] Einfach wunderbar zu erfahren, wie es anderen geht, die denselben Weg wie man selbst eingeschlagen haben. Eine wirklich schöne Geste der taz, auch all denen einmal Aufmerksamkeit zu schenken, genau diese Menschen einmal in den Mittelpunkt einer ganzen Sondertaz zu rücken.

Ich hoffe, daß die Homotaz vielen von denen, die ihre Homosexualität bisher in ihrem Alltag versteckt haben, den Mut gibt, sich zu ihrer Sexualität zu bekennen. Wir sollten endlich die anderen mit dem konfrontieren, was wir sind, sie auffordern, sich mit uns und unserer Homosexualität auseinanderzusetzen und zu akzeptieren. Dafür müssen wir ihnen aber auch die Chance geben, dieses überhaupt erst zu wissen. Gleichzeitig werden hoffentlich alle anderen, die diese Seiten gelesen haben, darüber nachdenken, ob nicht auch in ihrer nächsten Umgebung jemand mit sich selbst kämpft und hin und her überlegt, wem und wie er es am besten erzählen soll. [...] Stephan Kettler, Freiburg

Hat, so frage ich meine Bekannten, jemand jemals etwas anderes erwartet? Wohl kaum. 80 Prozent der Parlamentarier haben ihre Prägung und Erziehung in der homophoben Faschistenzeit erhalten oder sehen den Dorfstammtisch oder die katholische Kirche als höchste Institution, die ein progressives aufgeklärtes Verhalten verabscheut. Von Liberalität und Normalität für Schwule und Lesben sind wir gegenüber den skandinavischen Ländern noch Lichtjahre entfernt. Diskriminierung findet täglich statt. [...] Günter Bihn, Frankfurt/Main

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