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■ Nordrhein-Westfalen: Die Castoren kommen am 25. MärzDie Propagandamaschine

Bald rollt der Castor-Transport wieder durchs Land, nach den letzten Meldungen am 25. März. Die Stahlbehälter mit der hochradioaktiven Fracht gehen diesmal nach Ahaus im Münsterland. Das liegt in Nordrhein-Westfalen, und dort regiert eine rot-grüne Koalition – eine neue Situation, nachdem in Niedersachsen die SPD bisher allein die Transporte durchkämpfen mußte. Außerdem hat die Landesregierung clever einen Grünen zum zuständigen Polizeipräsidenten in Münster ernannt. Die Bündnisgrünen sind seitdem damit beschäftigt, „Deeskalationsstrategien“ zu diskutieren und zu erklären, daß es zwar einen Koalitionsbeschluß in NRW gibt, der die Einlagerung von Strahlenmüll aus anderen Bundesländern in Ahaus ausschließt, daß die Landesregierung aber nichts gegen die Bundesregierung machen könne. Und die AKW-Bewegung diskutiert mit dem grünen Polizeichef, bevor sie in vier Wochen so lange auf die Mütze bekommt, bis die sechs Castoren im Zwischenlager stehen.

Die SPD in NRW hat noch einen zweiten Trumpf im Ärmel: die angeblich konservative Bevölkerung im Münsterland. Denen ist nach landläufiger Meinung alles zuwider, was nicht jeden Sonntag in die Kirche geht, vor allem aber „gewalttätige Chaoten“. Und da hat in den letzten Tagen Innenminister Franz-Josef Kniola schon die Falle aufgestellt: Er rechne mit bis zu 2.000 gewaltbereiten Autonomen, sagte er. Und die Zahl dürfte noch untertrieben sein, denn für Kniola ist alles Gewalt, was nicht erlaubt ist, und damit alles, was die Castoren irgendwie aufhalten könnte.

Die Situation für die Anti-Atom-Bewegung ist diesmal also schwieriger als im sowieso aufmüpfigen Wendland um Gorleben. Denn die Menschen vor Ort scheinen sich noch nicht entschieden zu haben, was sie lieber wollen in ihrer Nachbarschaft: Atommüll oder Anti-Atom-Demonstrationen. Da helfen die jüngsten Hakenkrallen auf Züge nur der Atomlobby, die händeringend nach Kriminalisierungsgründen für die Anti-Castor-Bewegung sucht. Für die üblichen Cowboy- Spiele mit Polizei und Verfassungsschutz ist dieses Jahr nun einmal wenig Platz. Dumm stehen auch die Grünen da. Während die SPD wieder einmal ihre staatstragende Rolle betonen kann, müssen sie einen Atomtransport gegen ihre Klientel durchsetzen – und das bei all den Wahlen in diesem Jahr. Wenn die Grünen weniger Stimmen bei der Bundestagswahl kriegen, freut dies auch die Bundesregierung. Da lohnt es sich dann doch einmal, daß sie seit Jahren den Büttel für die Atomindustrie spielt. Reiner Metzger

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