Nordkorea: Gipfel der Hoffnung

Der südkoreanische Präsident Roh besucht Nordkorea. Das abgeschottete Land führt inzwischen auch direkte Gespräche mit US-Diplomaten über ein Ende des Atomprgramms.

Südkoreas Präsident Roh Moo-Hyun fährt nach Pjöngjang Bild: dpa

Seit Wochen beherrscht ein Ereignis die Zeitungen in Südkorea: Zum zweiten Mal in der Geschichte des Landes wird heute ein südkoreanisches Staatsoberhaupt in den Norden reisen. In Pjöngjang trifft Präsident Roh Moo Hyun bis zum 4. Oktober mit dem Machthaber Kim Jong Il zusammen. Nordkoreas Staatsmedien haben ihren Bürgern den Gipfel bislang weitgehend verschwiegen. Offenkundig wollen sie keine zu großen Erwartungen erwecken.

In einer Kolonne mit 30 Limousinen und Bussen soll Roh zur Demarkationslinie am 38. Breitengrad rollen. Dort will er mit seiner Frau und dreizehn Begleitern die letzten Meter in den Norden zu Fuß laufen. Im rund 300-köpfigen Tross reisen die Bosse mehrerer Konzerne nach Pjöngjang. Firmen wie Hyundai bauten in den letzten Jahren unter anderem ein Touristenzentrum am Berg Kumgang sowie eine kapitalistische Wirtschaftszone bei der alten Königsstadt Kaesong nahe der Grenze.

Der Abstand zwischen beiden Ländern ist enorm: Nordkoreas Wirtschaftsleistung erreicht nur drei Prozent von der des Südens. Beide Koreas - mit knapp 20 Millionen Einwohnern im Norden und 43 Millionen im Süden - sind seit Ende des Krieges (1950-53) schärfer getrennt, als es die beiden Deutschlands vor der Wiedervereinigung je waren.

Konkretes Ergebnis des Besuchs könnte der Bau einer Düngemittelfabrik und eines Kraftwerkes im Norden sein. Der südkoreanische Präsident dürfte versuchen, als Gegenleistung mehr Kontaktmöglichkeiten mit dem abgeschotteten Norden herauszuhandeln.

Als Rohs Vorgänger Kim Dae Jung im Juni 2000 nach Pjöngjang reiste, kam er im Flugzeug. Damals säumten begeisterte Nordkoreaner mit Fähnchen und Blumensträußen die Straße vom Flughafen in die Stadt. Für seine "Sonnenscheinpolitik" erhielt Südkoreas Kim den Friedensnobelpreis, sein Namensvetter aus dem Norden ging leer aus.

Seither geschah weniger als erhofft: Zwar treffen sich nun Militärs aus beiden Ländern. Das Rote Kreuz durfte einige streng überwachte Begegnungen von Angehörigen geteilter Familien organisieren. Von Entspannung kann aber keine Rede sein.

Die Begegnung fällt in eine Zeit, in der sich Nordkorea und die USA annähern. Mittlerweile verhandeln ihre Diplomaten direkt miteinander - was US-Präsident George W. Bush ursprünglich abgelehnt hatte. Doch nachdem Pjöngjangs Militärs 2006 eine Atombombe testeten, wurden die USA gesprächsbereiter.

Der Gipfel findet vor dem Hintergrund einer neuen Runde der "Sechsparteiengespräche" in Peking statt. Vertreter Nordkoreas, der USA, Chinas, Südkoreas, Japans und Russlands verhandeln seit vier Jahren über ein Ende des nordkoreanischen Atomprogramms.

Im Februar hatte Nordkorea sich bereit erklärt, seinen Reaktor in Jongbjon und andere Atomanlagen gegen Lieferung von einer Million Tonnen Rohöl oder Wirtschaftshilfen einzumotten. Pekings Diplomaten schlugen am Wochenende vor, Pjöngjang solle bis Ende des Jahres alle Reaktoren und Atomlabors unbrauchbar machen. Einzelheiten der Vereinbarung, die noch abgesegnet werden muss, sind nicht bekannt. Ob der Koreagipfel dazu beiträgt, den Atomstreit zu lösen, wagt niemand vorauszusagen. Auf der Tagesordnung "werden viele Themen stehen", erklärte Roh am Wochenende. Vorrang habe es, "einen dauerhaften Frieden auf der koreanischen Halbinsel zu schaffen".

Dass Roh nach Pjöngjang fährt und Kim Jong Il nicht zum Gegenbesuch nach Seoul kommt, begründen Nordkoreas Funktionäre damit, dass ihre Stadt "eleganter" sei. Mittlerweile wurden dort eilig Straßen und Gebäude repariert, die von den heftigen Regenfällen der letzten Wochen in arge Mitleidenschaft gezogen worden waren. Näher an der Wahrheit ist eine andere Erklärung: Es wäre für Kim zu riskant, in den Süden zu reisen. Niemand könnte Proteste oder gar einen Attentatsversuch ausschließen.

Beim ersten Gipfel im Jahr 2000 schien bis zur letzten Stunde alles unklar. Damals reiste Südkoreas Präsident einen Tag später als geplant. Der Grund wurde inzwischen bekannt: Der "Liebe Führer Genosse General" wollte ihn erst dann empfangen, nachdem eine halbe Milliarde Dollar "Besuchsgebühr" auf seinen Konten eingegangen war.

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