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Norderstedter Nullnummer

■ SPD/GAL: Keine Einigung, aber ein bißchen Kaffeesatz   Von Uli Exner

Der Hochzeitsgast aus dem Festsaal nebenan geht entschlossen auf den Bürgermeister zu. So lange palavert, empört sich der Wähler im schwarzen Frack, und doch nicht zur Sache gekommen: „Das habe ich ja noch nie erlebt.“ Henning Voscherau zupft ein wenig verlegen am roten Schal: „Wenn wir uns heute entschieden hätten, wäre es ein Nein geworden.“

Letzte Szene des 25stündigen Verhandlungsmarathons im Norderstedter Hotel „Schmöker-Hof“, bei dem es SPD und GAL nicht gelungen war, „auf dem großen und wichtigen Gebiet der Verkehrspolitik eine Einigung zu erreichen“, wie Voscherau am Samstagabend resümierte. Inhaltlich kein Schritt voran also. Weder bei der von den Grünen geforderten Neuordnung des innerstädtischen Individualverkehrs (siehe Kasten), noch bei den großen Verkehrsprojekten.

Nach langwierigen Beratungen hatte die SPD den Kompromißvorschlag der GAL – Ortsumgehungen Fuhlsbüttel und Finkenwerder sowie Hafenquerspange ja, vierte Elbtunnelröhre nein – abgelehnt. Die Hafenerweiterung wurde erst gar nicht angesprochen. Dennoch entschieden sich weder Rotgrün-Muffel Voscherau noch die GAL-UnterhändlerInnen – sie hatten nach dem Njet der SPD für kurze Zeit ein Ende der Verhandlungen erwogen – für einen Bruch. Statt dessen einigten sich beide Parteien auf einen „Methodenwechsel“.

Neben einzelnen Sachthemen, über die weiter zwischen den beiden je zehnköpfigen Verhandlunsgteams gesprochen werden soll, werden Voscherau, SPD-Chef Helmuth Frahm, Krista Sager und GAL-Vorständler Thomas Littmann „unter acht Augen“ versuchen, die „Einigungslosigkeit“ in den umstrittensten Themenfeldern zu überwinden. Ab morgen wollen sie versuchen, ein „stadtverträgliches Paket“ (Voscherau) zu schnüren. Motto: Geb' ich dir die Elbtunnelröhre, gibst du mir Altenwerder. Wichtig, so ein SPD-Unterhändler, sei doch, daß die beiden Delegationen überhaupt den „Einstieg in die Kernprobleme der Verhandlungen“ wagten. Und Krista Sager assistierte, daß „wir nun an die ganz harten Themen der Koalitionsversammlungen“ herangekommen“ sind.

Ein bißchen Kaffeesatz dafür, daß sich der bisher so unwillige Senatschef in der neugeschaffenen Kleingruppe tatsächlich von seiner ablehnenden Haltung lösen könnte, lieferte Voscherau am Samstagabend selbst. Er halte es „im Interesse der Stadt für zwingend, die Flinte nichts ins Korn zu werfen, sondern ein Paket im Sinne des Gebens und Nehmens zum Gegenstand der Verhandlung zu machen“, formulierte er gewohnt umständlich. Es war das erste Mal, daß Voscherau Rotgrün positiv mit dem in Verbindung brachte, was er für die Interssen der Stadt hält.

Siehe auch Seite 4

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