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Archiv-Artikel

DIE STROMBÖRSE IST FALSCHER ADRESSAT FÜR UNMUT ÜBER STROMPREISE Nötig wäre Entflechtung der Konzerne

Preismanipulationen an der Leipziger Strombörse – die EEX steht plötzlich am Pranger. Verbraucher, die sich über ihre steigende Stromrechnung ärgern, rufen bereits: „Ich hab’s ja schon immer gewusst, dass an der Börse was faul ist.“ Und ein Landeswirtschaftsminister behauptet: „Die EEX nennt sich zwar Börse, ist aber gar keine“, weil „die Preisbildung intransparent“ sei.

Die Vorwürfe sind ziemlich absurd. Das wird deutlich beim Vergleich mit einer gewöhnlichen Wertpapierbörse. Man stelle sich vor, an der Deutschen Börse trieben Hedge-Fonds die Preise der Daimler-Aktie in die Höhe. Würde man dann die Börse dafür verantwortlich machen? Würde man es der Börse ankreiden, wenn sie die Hintergründe des Preisanstiegs nicht erklären könnte? Wohl kaum. Denn die Börse ist nur Handelsplatz, sie wickelt die Geschäfte ab, und sie stellt je nach Angebot und Nachfrage die Preise fest.

Wenn es nun im Börsengeschäft nicht um Aktien geht, sondern um Megawattstunden Strom, schlägt offensichtlich die Stunde der Populisten – weil der Strompreis jeden tangiert, der Preis einer schnöden Aktie aber nicht. Wer sachlich bleibt, muss anerkennen: Die Strombörse ist der falsche Adressat für Kritik am Strompreis. Schuld ist die Struktur der Stromwirtschaft. Wir brauchen daher endlich die konsequente Entflechtung der Konzerne in Produktion, Transport und Vertrieb. Jede Sparte muss so eigenständig werden, dass sie eigene Interessen verfolgt und nicht mehr als Konzernanhängsel fungiert.

Derzeit nämlich verkauft die Produktionssparte der Stromkonzerne ihre Energie großteils an die Vertriebssparte im jeweils gleichen Konzern. Und weil die vier Großen hier gleich gelagerte Interessen haben, wirkt das wie eine Einladung, die Preise zu treiben. Dem Vertrieb tun hohe Preise nicht weh, weil das Geld ja im Konzern bleibt. Gleichzeitig aber kann die Produktionssparte ihren Strom auch an die Stadtwerke und freien Stromhändler teurer verkaufen. Das Entscheidende dabei: Das kann nicht die EEX ändern, sondern nur die Politik.

BERNWARD JANZING