■ CDU statt Nagel?: Noch schlimmer
Man muß beileibe nicht zu den Naiven im Lande gehören, um in der Arbeit des Bausenators auch Positives zu sehen. Wolfgang Nagel hat in den vergangenen fünf Jahren den Wohnungsbau und die Stadterneuerung forciert. Die Festlegung der Sanierungsgebiete im Ostteil der Stadt gehören bei ihm ebenso auf die Habenseite wie der Versuch, die Plattengewitter in Marzahn und Hellersdorf zu erneuern. Schließlich mühte er sich, die S-Bahn-Trasse wieder auf Vordermann zu bringen. Hingegen verhielt sich der oberste Betonmischer der Kapitale in den für eine moderne Stadtentwicklung wichtigen Fragen, dem ökologisch orientierten Bauen oder bei der Autotunnelplanung, eher bockig. Auf sein Konto gehen die Abrisse von Sportstätten für den Olympiawahn und die von Altbauten im Bezirk Mitte. Ganz schwarz sieht es bei der wirren Sucht nach Großprojekten, nördlichen Satellitenstädten und bei dem heimlichen Verkauf von kommunalen Wohnungen aus; von einem Konzept für den Erhalt des sozialen Wohnungsbaus ganz zu schweigen. Und daß der Bausenator mit seinem Traufhöhenadlatus Hans Stimmann nicht gerade mit einer glücklichen Hand gesegnet war, ist schon lange kein Geheimnis mehr.
Wahrlich naiv ist es, den Abschuß von Nagel und Stimmann herbeizureden, ohne zu sehen, was kommt. Die Alternative nämlich, ein CDU-Bausenator, machte aus dem Ressort „Bauen und Wohnen“ nur mehr das „Bau“-Ressort für Investorenträume und Hauptstadtfanatiker. Egal welche Person das Amt besetzt, die Ansprüche der Union und ihrer Lobbyisten werden schon dafür sorgen, daß Wohnungsbau privat finanziert und die Stadterneuerung aufs Korn genommen wird. Schon heute tönt die CDU mit ihrem Fraktions-Paten Landowsky vom originalen Wiederaufbau des Stadtschlosses und der Straße Unter den Linden. Moderne Architektur könnte sich dort ganz verabschieden zugunsten einer Preußen-Disney-World. Der Verkauf von kommunalen Wohnungen ginge mit der CDU nicht einmal mehr auf dem Papier „ausnahmslos“ an die Mieter, sondern nur „vorwiegend“. Und weil es an Geld reichlich fehlt, plädiert die Union dafür, gleich ein paar landeseigene Wohnungsbaugesellschaften für teures Geld loszuschlagen; vom Tiergartentunnel, der U-Bahn-Linie 5 oder vom Abriß der ungeliebten sozialistischen Bausymbole ganz zu schweigen. Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen