Noch mehr Plagiate: FDP wird zur Copy&Paste-Partei
Die Liberalen sind gespalten, wenn es um die Causa Koch-Mehrin geht. Die Haltung der FDP-Spitze sorgt für Unmut in der Partei. Und es gibt weitere Plagiatsfälle.
BERLIN taz | Die Plagiatsaffäre der FDP-Europaparlamentarierin Silvana Koch-Mehrin setzt zunehmend auch die Parteispitze unter Druck. Generalsekretär Christian Lindner gab nach der Parteipräsidiumssitzung am Montag die Losung aus, zunächst einmal abzuwarten. Das Parteipräsidium wolle sehen, ob Koch-Mehrin juristische Schritte einleiten werde. An der medialen Diskussion werde sich die Parteispitze nicht beteiligen.
In der vergangenen Woche hatte die Universität Heidelberg der FDP-Europaabgeordneten den Doktortitel aberkannt. Koch-Mehrin erklärte anschließend, sie wolle rechtliche Schritte gegen den Entzug ihrer Doktorarbeit prüfen.
Über die unentschlossene Haltung der Parteispitze regt sich Unmut nicht nur unter EU-FraktionskollegInnen von Koch-Mehrin. Auch Martin Neumann, forschungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, legte Koch-Mehrin nahe, "zu durchdenken, welche Verantwortung sie dem Mandat gegenüber" habe. Der Plagiatsfall habe Partei und Wissenschaft schweren Schaden zugefügt, sagte Neumann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Von seiner Partei verlangte er eine klare Positionierung.
Was Neumann von Generalsekretär Lindner nicht offiziell zu hören bekommt, scheint innerhalb der FDP-Führung bereits ausgemachte Sache zu sein: Der FAS zufolge will die Parteispitze Koch-Mehrin trotz der Plagiatsaffäre und des Verlusts ihres Doktortitels nicht dazu auffordern, ihr Mandat im Europaparlament niederzulegen.
Bereits im Mai hatte Koch-Mehrin wegen der Plagiatsaffäre ihren Posten als Vorsitzende der FDP im Europaparlament und Vizepräsidentin des Europaparlaments niedergelegt. Ihr Mandat als EU-Abgeordnete will Koch-Mehrin aber behalten.
Unterdessen droht zwei weiteren FDP-Politikern die Titel-Aberkennung: Die Promotionsausschüsse der Universitäten Bonn und Köln prüfen derzeit sowohl die Plagiatsvorwürfe an den Europaabgeordneten Jorgo Chatzimarkakis als auch an den Bundestagsabgeordneten Bijan Djir-Sarai. Chatzimarkakis Arbeit soll den Plagiatsfahndern der "VroniPlag"-Website zufolge bis zu 70 Prozent aus unbelegten Kopien aus anderen Texten bestehen. Die Bonner Uni will Mitte Juli das Ergebnis bekannt geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen