piwik no script img

Archiv-Artikel

Nimm mich mit!

Goldig sind sie. Fünfzehn Jungs sitzen im Kreis und erzählen ein bisschen etwas von sich. Dass sie Fußball lieben zum Beispiel. Einer sagt, dass Didier Drogba der beste Fußballer Afrikas ist und dass bei der nächsten WM die Elfenbeinküste gegen Brasilien im Finale spielen soll. Einmal pro Woche sitzen sie im Kreis zusammen und reden, danach spielen sie Fußball. Eine psychosoziale Hilfseinrichtung in einer elenden Siedlung bei Johannesburg organisiert das. Manchmal kommen weiße Journalisten aus dem Norden und lassen sich zeigen, wie die Jungs so leben.

So sitze auch ich als Teil einer Journalistengruppe vor den Buben und freue mich über jede schüchterne Antwort auf unsere Fragen. Was erwartest du von der WM 2010? Einer sagt, ich möchten Cristiano Ronaldo sehen. Es ist der Kleinste, der das gesagt hat. Ein ganz Süßer, da sind wir weißen Besucher uns einig. Zwischen zwölf und sechzehn Jahre sind die Jungs alt, die hier im Kreis sitzen. Der süße Kleine ist so groß wie mein achtjähriger Sohn. Weil er so früh so viel geraucht hat, meint eine Betreuerin, ist er nicht größer. Weil er so früh mit Drogen gedealt hat, muss man sich um ihn kümmern. Die Betreuer machen das mit großem Engagement und strahlen dennoch aus, dass all ihr Tun eigentlich sinnlos ist.

Auch ihr könnt uns Fragen stellen, sagen wir. Der Kleine ist plötzlich gar nicht mehr schüchtern. Was könnt ihr für mich tun, damit ich Fußballstar werde?, fragt er. Wir lachen. Ich bin gut, sagt er. Wir lachen. Er schaut mich an. Nimm mich doch mit. Wenn ich bei euch bin, werde ich es dir beweisen. Mitnehmen. Wir lächeln. So einfach stellt der sich das vor. Süß. Eine Stunde später lasse ich mich über ein anderes Hilfsprojekt informieren.

ANDREAS RÜTTENAUER ist Sportredakteur der taz