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Nie mehr zwangsbelüftet

■ Grobplanung für die Gesamtschule West vorgestellt / Bauzeit fünf Jahre

Toiletten müssen auffindbar sein, besonders für kleine Kinder. Deshalb kommen die Grundschultoiletten in der sanierten Gesamtschule West nicht ins Eck, sondern in die Flurmitte: als Zylinder, von oben belichtet. Mit Interesse verfolgten am Donnerstagabend Eltern und LehrerInnen die Ideen des Berliner Architekturbüros Fritz-Peter Rothe. Noch viel mehr aber interessierte sie, wann es denn nun losgeht mit der Sanierung. Stehen im Sommer 1995 endlich Baukräne auf dem Schulhof?

Doch Bildungssenator Scherf und Architekt Rothe konnten nur soviel sagen: Ab dem Zeitpunkt X, also ab Baubeginn, wird die Sanierung fünf Jahre dauern. Zwei Jahre früher würde man fertig, sanierte man das gesamte Gebäude auf einen Schlag – doch dann müßte der gesamte Unterricht ausgelagert werden.

Über Kopfschmerzen, Erkältungen und Konzentrationsstörungen klagten viele LehrerInnen und SchülerInnen schon gleich nach Fertigstellung des Betonklotzes Ende der 70er Jahre. 1991 dann entdeckte man Asbest in 263 Räumen, außerdem Polychlorierte Biphenyle (PCB) in den Dichtungsfugen. Seitdem rennen Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen der Bildungsbehörde und den PolitikerInnen die Bude ein. 1993 endlich gab der Bildungssenator ein umfangreiches Gutachten in Auftrag. Der erste Teil, die Bestandsaufnahme der Schadstoffe, ist fertig; der zweite Teil, die grobe Planung der Umbauten, wurde jetzt vorgestellt; der dritte Teil, die Kostenberechnung, soll bis Weihnachten vorliegen.

Dann muß die Politik über das kostenträchtige Projekt entscheiden. Die Baudeputation hat für die Feinplanung 1995 eine halbe Million Mark bewilligt und die Absicht geäußert, in den nächsten Jahren fünf Millionen im Haushalt lockerzumachen. Doch der Finanzsenator hat sich noch nicht geäußert. Henning Scherf jedoch beruhigte am Donnerstagabend: „Politisch, glaube ich, kriegen wir im Frühjahr eine Klärung hin, die alle vertreten können.“ Schließlich sei ihm ja auch die Bürgerschaftswahl im Herbst wichtig. Der Lehrer Klaus-Peter Ifland, engagiert im Arbeitskreis ökologische Schulbausanierung, vernahm's mit Genugtuung. Schließlich meldeten wegen der bisherigen Unsicherheit immer weniger Eltern ihre Kinder in der GSW an. Statt sechs wurden in diesem Jahr nur vier Jahrgangsklassen eingerichtet.

Am liebsten hätten Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen den Betonklotz ganz abgerissen und dafür Pavillons gebaut, wie in den 50er und 60er Jahren üblich. Doch damit kamen sie nicht durch bei der Bildungsbehörde. Durchsetzen konnten sie allerdings schließlich, daß die Schule nicht nur entgiftet, sondern gänzlich umgebaut wird zu einem weniger anonymen Gebäude.

Die Schule wird also entkernt: Erhalten bleiben nur Decken und Ständer, die bloß eingehängten Brüstungselemente werden durch richtige Mauern ersetzt. Vorteil: Diese Wände können Wärme speichern, nie wieder müssen SchülerInnen bei 13 Grad lernen. Auch die hellhörigen mobilen Metallwände zwischen den Klassenzimmern sollen richtigen Mauern weichen.

Sichtbarste Verbesserung für die SchülerInnen wird allerdings etwas anderes sein: Die Klassenzimmer der verschiedenen Jahrgangsstufen sollen nach dem Grobplan nicht mehr Raum an Raum an anonymen Fluren liegen: Stattdessen bekommt jeder Jahrgang einen eigenen Bereich mit eigenem Aufgang. Das ist dann allein ihr Flur mit ihrem Schülerclub. Bislang liegen die Schülerclubs in der Eingangshalle der Schule alle dicht nebeneinander.

Weniger sicht- als spürbar werden die klimatischen Verbesserungen sein: eine Zwangsbelüftung per Klimaanlage wird es nur noch zum Beispiel in der Disco, der Küche, den Laboren geben. Alle anderen Räume sollen über zwei Fensterfronten bzw. eine Fensterfront und einen Ventilator „durchspült“ werden können. Die bisherige Klimaanlage, in den technikgläubigen Siebzigern installiert, funktioniert häufig nicht, ist laut und im Betrieb sehr teuer. Sparsame Abrisse einiger Räume sollen den darunterliegenden Klassenzimmern mehr Licht und Luft verschaffen. Licht kommt übrigens auch in die Eingangshalle, dort gibt es bislang nur trübe Oberlichter: die Eingangshalle wird zum Atrium mit Glasdach.

Nicht zu vergessen: Damit man überhaupt in die Schule hineinfindet, soll der Eingang in die Mitte verschoben werden und ein Vordach mit Säulen bekommen: „Der Eingang soll Aufforderungscharakter bekommen“, so ein Architekt. Derzeit muß noch ein Schild das Schlupfloch markieren: „hier Gesamtschule“. cis

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