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Archiv-Artikel

Nichts mehr. Und noch alles

Mal wieder muss der FC St. Pauli nach einer Führung den Ausgleich hinnehmen. Das 1:1 in Karlsruhe verringert zwar den Abstand auf einen rettenden Tabellenplatz, nicht aber die Abstiegssorgen

von OKE GÖTTLICH

Es ist wunderbar, dass der FC St. Pauli in der Lage ist, immer wieder in Führung zu gehen. Der beschwerliche Weg, einem Rückstand hinterlaufen zu müssen, bleibt so häufig erspart. 16 Mal hat das Team in dieser Saison bereits geführt, auch gestern in Karlsruhe hat Fabian Gerber mit seinem sechsten Rückrundentor St. Pauli mal wieder 1:0 in Front gespitzelt. Und das auch noch zu einem Zeitpunkt den psychologisch veranlagte Beobachter gern als wichtig bezeichnen – in der Nachspielzeit der ersten Hälfte.

Mindestens ebenso wunderbar ist es, dass St. Pauli es immer wieder schafft, seinen Anhängern andere Sichtweisen zu den plattesten Schablonen der Spielanalyse näher zu bringen. So gelang es dem Team, in diesem Spiel die Binsenweisheit psychologisch wichtiger Tore endgültig ad absurdum zu führen. Ebenso wie die Platitüde, dass es einfacher sei, nach Führungen ein Spiel zu gewinnen. St. Pauli schaffte es erst sechs Mal, nach Führungen drei Punkte auf dem Konto zu verbuchen.

„Ich weiß nicht, ob es in dieser Saison sieben oder acht Mal passiert ist, dass wir in Führung gehen, beste Chancen haben und es plötzlich nach einem Standard des Gegners wieder klingelt. Das zieht sich wirklich wie ein roter Faden durch die Saison“, wusste der wieder eingesetzte St. Pauli-Kapitän Holger Stanislawski. Das 63. Gegentor in der laufenden Saison durch den Karlsruher Eggiman könnte allerdings tatsächlich den Abgang in die Regionalliga bedeutet haben. „Wir müssen das heutige Spiel abwarten“, lautet die Durchhalteparole von Manager Stephan Beutel, der dem Ausgang des Spiels zwischen Mainz und Ahlen entgegenzittert. Gewinnt Ahlen gegen den Aufstiegsaspiranten, hätte St. Pauli nur noch rein rechnerisch die Chance auf den Klassenverbleib. „Eigentlich ist es ein Witz, dass wir durch die Ergebnisse der anderen Abstiegskandidaten noch immer eine Chance haben“, unkte Torschütze Fabian Gerber.

Sich auszumalen, wie groß die Chancen gewesen wären, wenn in der 53. Minute Jens Rasiejewski nicht den Pfosten und Babacar N‘Diaye in der 75. Minute nicht freistehend den Torwart getroffen hätte, drängt die Beteiligten an den Rand des Wahnsinns. Trainer Franz Gerber schleuderte mit Wasserflaschen um sich, und Manager Stephan Beutel verlor sich in Einsilbigkeit. „Niedergeschlagen, niedergeschlagen“, stammelte er vor sich hin.

Jetzt langsam sollten die Planungen für die Regionalliga einsetzen. Immerhin hat Franz Gerber erkannt, wie der FC St. Pauli zu retten sein könnte. „Sollten wir absteigen, müssen wir alle Kräfte bündeln, um nicht an einen Selbstgänger wie in dieser Saison zu glauben, der uns den möglichen Abstieg beschert hat.“

Karlsruher SC: Fischer - Eggimann, Waterink, Kracht - Fritz, Engelhardt, Melkam (20. Trares), D. Fuchs – Ouakili (76. Hassa)–Saenko, Labbadia St. Pauli: Müller – Nascimento, Inceman, Stanislawski (69. Adamu), Gruszka – Gerber, Gibbs, Rasiejewski, Fröhlich – Chris, N‘Diaye (79. Kacan) Tore: 0:1 Gerber (45.), 1:1 Eggiman (60.), Zuschauer: 19.500