: „Nicht so weiter wie bisher“
■ Bosnien-Kontaktgruppe berät in London / Serben greifen UN-Schutzzone Žepa massiv an
London/Sarajevo (rtr/AP/AFP) – Die Vertreter der internationalen Kontaktgruppe für Bosnien haben gestern in London ihre Beratungen aufgenommen. Von der Konferenz wird eine Entscheidung über die Zukunft der UN-Schutzzonen in Bosnien erwartet.
Der britische Premier John Major sagte bei der Eröffnung, jeder Angriff auf die UN-Schutzzone Goražde durch die Truppen der bosnischen Serben müsse von den Alliierten schonungslos beantwortet werden. „Wir können nicht so weitermachen wie bisher“, sagte Major. Die Serben hätten Goražde direkt bedroht. Tatsächlich hatte Serbenführer Karadžić ultimativ gefordert, Goražde zu räumen. Andernfalls werde die Schutzzone erobert. Großbritanniens Außenminister Rifkind sagte, falls es nicht gelinge, Goražde zu halten, sei der UN-Auftrag gescheitert.
Nach Angaben von Mike McCurry, dem Sprecher des Weißen Hauses in Washington, konnte vor Beginn des Londoner Treffens zwischen Frankreich und den USA Einigkeit über die Strategie zur Verteidigung Goraždes erzielt werden. Während Frankreichs Ministerpräsident Jacques Chirac gefordert hatte, Bodentruppen nach Goražde zu entsenden, und angekündigt hatte, Frankreich werde 1.000 Mann zur Verfügung stellen, hatten die USA Nato-Luftangriffe vorgeschlagen. McCurry sagte, Präsident Bill Clinton und Chirac hätten sich telefonisch auf Luftangriffe als Verteidigungsstrategie geeinigt. Diese Angriffe könnten sich jedoch auch gegen serbische Kommandozentralen und ihr Hauptquartier in Pale richten, sagte ein westlicher UN-Diplomat. Frankreichs Außenminister Alain Juppé wiederholte gestern, wenn nicht genug Bodentruppen präsent seien, bestehe die Gefahr, daß erneut UN-Soldaten als Geiseln genommen werden könnten. Die Beratungen der Kontaktgruppe dauerten bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe noch an.
In der umkämpften UN-Schutzzone Žepa lieferten sich bosnische Serben und muslimische Regierungstruppen weiterhin schwere Kämpfe. Die ganze Nacht über waren Gefechte gemeldet worden, nachdem am Donnerstag abend um 19 Uhr ein Ultimatum des bosnisch-serbischen Militärchefs Ratko Mladić abgelaufen war. Gestern hätten die bosnischen Serben die Schutzzone erneut unter heftigen Artilleriebeschuß genommen, sagte ein UN-Sprecher in Sarajevo.
Schwere Kämpfe wurden auch aus der nordwestbosnischen UN-Schutzzone Bihać gemeldet. Der kroatische Außenminister Mate Granić warnte, Kroatien wäre bei einer weiteren Bedrohung von Bihać „zum Eingreifen gezwungen“.
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