: „Nicht nur in Steine investieren“
Wohnviertel lassen sich nur vermarkten, wenn das Image stimmt, sagt Helene Böhm von der Gesobau. Um Konflikte zu vermeiden, unterstützt sie Integrationsprojekte wie Sprachkurse und Sportangebote – eine langfristige Investition
HELENE BÖHM ist zuständig für das soziale Management der Gesobau AG.
taz: Frau Böhm, die Gesobau hat Mitte vergangenen Jahres das Integrationsprojekt „Besser miteinander wohnen“ ins Leben gerufen. Warum?
Helene Böhm: In unseren Wohnungsbeständen leben sehr heterogene Mietergruppen. Sie unterscheiden sich durch Herkunft, Sprache, Alter, Einkommen und Familienstand stark voneinander. Das läuft nicht ohne Konflikte ab. Doch ein Wohnviertel lebt von seinem guten Image, der Qualität seiner Häuser und seiner sozialen Infrastruktur. Das verlangt nicht nur Investitionen in Steine, sondern genauso in das Miteinander der Menschen. Das wollen wir mit unserem Integrationsprojekt fördern.
Wer sind Ihre Ansprechpartner?
Wir haben uns zunächst mit Kitas, Schulen, Jugendzentren, aber auch Geschäften und Unternehmen aus dem jeweiligen Wohnumfeld zusammengesetzt. Die Akteure vor Ort kennen die Situation und die Strukturen im Kiez am besten und sind darin eingebunden. Außerdem konnten wir Barbara John, die langjährige Ausländerbeauftragte des Senats, als Integrationsbeauftragte gewinnen. Sie ist nicht nur Diskussionspartnerin, sondern unterstützt uns darin, Mieter anzusprechen und zu aktivieren.
Welche Angebote machen Sie Ihren Mietern konkret?
Vor allem fehlende Sprachkenntnisse und Bildungsdefizite sind entscheidende Integrationsbarrieren. Hier setzen viele unserer Projekte an. Wir haben etwa im Märkischen Viertel die „Nachbarschaftsetage“ eingerichtet. Hier findet regelmäßig eine mehrsprachige Sozialberatung statt, wird Mietern bei der Jobsuche, bei Bewerbungs- und Behördenschreiben geholfen, vermitteln ausgebildete Mitarbeiter ehrenamtlich bei der Lösung von Konflikten in der Nachbarschaft. Zweimal wöchentlich bieten wir zudem Deutschkurse an.
Was noch?
Wer sich im Viertel ehrenamtlich engagieren will – etwa als Lesepate für Kinder oder im Freiwilligen Besuchsdienst für alte oder kranke Menschen – kann sich ebenfalls an die Nachbarschaftsetage wenden. Für Kinder gibt es Ferienangebote und Bastelkurse, für Senioren PC-Kurse und Selbstbehauptungstrainings.
Kommen Sie damit auch an die Jugendlichen ran?
Grundlegende Regeln des Zusammenlebens wie Respekt, Fairness und Teamgeist werden besonders im Sport gefördert. Wir unterstützen deshalb zwei Fußballvereine in Reinickendorf und Pankow. Unser Projekt „BoxGym Hof 26“ entstand mit Jugendlichen aus dem Märkischen Viertel, die sich für einen eigenen Treffpunkt engagiert haben. Hier finden Workshops statt, es wird getanzt und gerappt. Und geboxt, etwa mit dem Profiboxer im Super-Mittelgewicht Markus Beyer.
Wollen Ihre Mieter denn überhaupt besser miteinander wohnen?
Wir haben uns auf einen längerfristigen Prozess der Nachbarschaftsbildung eingestellt. Doch unsere Angebote wurden von Anfang an gut angenommen: Sprachkurse und Hausaufgabenhilfe sind überbucht; die Bewohner nutzen die Möglichkeiten, selbst aktiv zu werden. Die am Projekt beteiligten Mitarbeiter der Gesobau bekommen mehr Anfragen zu kulturellen Problemen, in denen dann konkret vermittelt wird. Das ist ein wichtiger Schritt, damit Konflikte nicht pauschal auf „das Fremde“ oder „die anderen“ geschoben werden. INTERVIEW: KRISTINA SIMONS