: „Nicht mehr aufklärbar“
■ Körperverletzung im Amt: drei Polizisten der Wache 16 freigesprochen
„Polizisten sind dazu da, zu beschützen, zu bewahren und zu verhüten“, hielt Amtsrichter Harm Beyer gestern in der Urteilsverkündung eine längliche Rede zur Begründung des Freispruchs für drei Polizisten der Wache 16. Allein die Feststellung, daß der heute 32jährige Lutz P. gesund in die Wache hinein ging und sie blutüberströmt und mit Nasenbeinbruch im Krankenwagen verließ, „ist außerordentlich schlimm und macht betroffen“. Doch mangels Beweisen könne er die angeklagten Polizisten Thomas K. (32), Peter C. (36) und Wolfgang P. (57) nicht verurteilen. Nach sechs Jahren sei der Vorfall „nicht mehr aufklärbar“. Beide Versionen, die von Lutz P. und die der Angeklagten, machten einen „glaubwürdigen“ Eindruck.
Daß Lutz P. aufgrund seiner „erheblichen“ Verletzungen „wütend“ sei, könne er verstehen, sagte Beyer. Deutete damit aber gleichzeitig an, daß die Aussagen des Rotfloristen – der Vorfall geschah in der Zeit schwerster Konflikte zwischen Polizei und Hausbesetzerszene – auch falsch sein könnten. Das Gericht könne nicht in Kategorien „böse Polizei, böse Wache 16 und böse Angeklagte“ Urteile fällen. Auch wenn es „seit einiger Zeit sehr viel Aufregung um das gibt, was die Medien gerne Polizeiskandal nennen“. Er, Beyer, könne nur den vorliegenden Fall beurteilen.
1992 kam das Gericht in einem Zivilprozeß allerdings zu einem anderen Urteil: Dem Opfer Lutz P. wurde Schmerzensgeld zugesprochen. Die Innenbehörde legte keine Berufung ein. Gegen die Angeklagten gebe es noch weitere Ermittlungsverfahren mit ganz ähnlichen Vorwürfen, versuchte gestern Johannes Santen, der Anwalt des Nebenklägers Lutz P., einen weiteren Beweisantrag zu stellen. Vergeblich. „Ohne Bedeutung“ seien ähnliche Körperverletzungsvorwürfe für die Urteilsfindung, so Richter Beyer. Lutz P. ist aufgrund der Verletzungen noch heute, sechs Jahre später, in Therapie. „Ich dachte, die bringen mich um“, sagte er aus, „noch immer träume ich davon.“ Silke Mertins
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen