: Nicht jede Kraft hilft
Kinder hüten kann nicht jeder: Sozialsenatorin stellt die Zwischenbilanz der umstrittenen „Qualifizierungs- und Beschäftigungsoffensive“ vor. Wie’s weiter geht, weiß sie aber auch nicht
von Eiken Bruhn
Arbeitslose Erzieherinnen und Erzieher? Nicht in Bremen. Diese frohe Botschaft überbrachte gestern Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD). Anlass war die Vorstellung eines Zwischenberichts zu einem EU-geförderten Beschäftigungsprogramm für Kindertagesstätten, das vor zwei Jahren für erheblichen Wirbel gesorgt hatte.
Statt der Forderung nach Zweitkräften für Kindergruppen nachzukommen, hatte der Senat die „Qualifizierungs- und Beschäftigungsoffensive“ geschnitzt. Unter anderem die evangelische Kirche, größter freier Kita-Träger im Land, hatte das Programm kritisiert und von einer Beteiligung abgesehen. Grund: Die Angst vor Qualitätsverlust. „Zweitkräfte statt Q-Kräfte“ lautete die Losung, man könne nicht mal eben Arbeitslose zu Kita-Fachkräften umschulen.
Diese Stimmen seien jetzt verstummt, sagte gestern Burkhard Schiller von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG), die das Programm leitet. „Wir haben hier eine klassische Win-win-Situation“, so Schiller. Auf der einen Seite hätten die Kindergärten zusätzliches Personal bekommen, auf der anderen Seite seien Menschen in Lohn und Brot, die es vorher nicht waren. Nach der ein- bis zweijährigen Fortbildung wurden 108 Personen, von denen 65 Prozent schon vorher ErzieherInnen waren, übernommen – allerdings nur befristet. Die EU-Gelder in Höhe von 4,5 Millionen Euro waren an die Zusage geknüpft, eine mindestens zwölfmonatige Anschlussanstellung zu sichern.
Wie es weiter geht, sei bisher unklar, musste Rosenkötter gestern einräumen. Denn noch ist im Haushalt kein Geld für eine längere Beschäftigung der neuen BetreuerInnen eingeplant. Fraglich sind zudem die beruflichen Chancen der 41 ehemaligen Arbeitslosen, die jetzt als KinderpflegerInnen oder SozialassistentInnen befristet beschäftigt sind. Darauf verweist Rosi Fein, Leiterin der staatlichen Kindertagesstätten in Bremen in der aufwändig gestalteten LAG-Broschüre zum Programm. „Ohne weitere Qualifizierung dürften ihre Aussichten eher trübe sein“, schreibt darin auch Irmgard Kadelbach vom Elternverein einer Krabbelgruppe. Sie schildert außerdem die Schwierigkeiten bei der Ausbildung der Q-Kräfte ohne Erfahrung im Erziehungs-Bereich. Diese seien in den Einrichtungen anfangs oft „eine Zusatzbelastung“. Nicht alle, die in der Testphase als geeignet ausgewählt worden seien, hätten dieses auch in der Praxis bewiesen. Die erste Mitarbeiterin sei „unfähig und unzuverlässig gewesen“, ihre Nachfolgerin jedoch um Klassen besser. „Die haben oft ihr eigenes Päckchen zu tragen“, sagt eine Erzieherin, die anonym bleiben möchte über die Q-Kräfte. Nach ihrer Erfahrung könnten viele nicht eigenverantwortlich arbeiten. An sich sei die Idee des Programms nicht schlecht, aber es dürfe nicht in erster Linie darum gehen, Leute in Arbeit zu bekommen.
Diese Kritik weist Bernd Schmitt vom Deutschen Roten Kreuz zurück. Einige seien in einem Kindergarten nicht zurecht gekommen und wurden dafür in einem anderen mit offenen Armen aufgenommen. „Das ist immer eine subjektive Einschätzung.“ Mitunter habe sich erst in der „Praxisphase“ herausgestellt, dass Personen im falschen Job gelandet seien. Von diesen sei aber niemand mehr dabei. So hatten im ersten Lehrgang 64 Arbeitslose ohne sozialpädagogische Vorkenntnisse angefangen. Übrig geblieben sind 41.