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Nicht familiär -betr.: "Blixas Augen in Großaufnahme", taz vom 18.7.1995

Betr.: „Blixas Augen in Großaufnahme“, 18.7.1995

Hallo! Liebe Kulturfreunde (und MTV-Opfer?) Tim Fiedler und alle TAZler!(...jetzt geht's los...)

Meine Filmvideoshow ist keine ernsthafte „Filmkunst“, sondern Nebenaktion, die ich als solche dem Publikum proklamiere; daher auch das niedrige Eintrittsgeld (per Würfel zwischen 0 und 5 Mark). (Für einen Kinofilm arbeite ich 2 Jahre, hierfür 5 Tage).

Seit etlichen Jahren filme ich viele „outsider“ der Kulturen; mit 16mm und parallel auf Hi8-video. Besonders auf Hi8 dokumentiere ich „ganz einfach“, ich halte die Kamera drauf, ganz einfach, ohne spezielle Licht- oder Kameratricks oder irgendwelcher ausgedachter Dramaturgie. Das kann eigentlich jeder, macht aber nicht jeder. Ganz einfach ist's dann auch wieder nicht. Viel Energie, Geld, Zeit und Nerven. (Wenig Vodka, wenig Schlaf.) Diese „Außenseiter-Menschen“ sind Vollblutkünstler, deren Ausdruckskunst zu dokumentieren notwendig (und mir eine Ehre) ist. Eine Frage der Liebe. Ganz einfach.

Falls die Zuschauerin bzw. Tim Fiedler das nicht erkennt, ist's schade und tatsächlich umsonst für sie/ihn, aber nicht für die Fans. Fans sind Leute, die sich „einfach“ über die Ausdruckskunst andrer besonders freuen können. Wenn T.F. fünfmal „familiär“ schreibt, möchte ich das mit „persönlich“ austauschen. Meine Arbeit ist immer persönlich. Ich filme nicht fürs Fernsehen.

Die Frage, wer die Kamera für Andy Warhols Film „Empire“ gemacht hat, stelle ich immer, damit die Zuschauer von Jonas Mekas erfahren, einem der wichtigsten Kämpfer der Independent Filmwelt. Nicht „umsonst“ fertige ich gerade einen zweiten Kinofilm über/mit ihm namens „Jonas At The Ocean“.

T.F. kennt Alex Hacke und die Jever Mountain Boys nicht? Und ich seinen Admiral nicht. Und wenn jemand nach einer Filmshow, für die er Eintritt gezahlt hat, mit mehr Geld in der Tasche nach Hause geht, ist das doch wunderbar.

Peter Sempel

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