■ DER KLEINE FÜHRER ZUM KUNSTGENUSS: Nicht einmal Andeutungen
In Anwesenheit des Künstlers eröffnet Dr. Guido Boulboulle von der Uni Bremen am Freitag Thomas Hartmanns „Neue Arbeiten auf Leinwand und Papier“.
„Bildinhalt und Aussage scheinen auf den ersten Blick eindeutig: Landschaften, Städtebilder, Figuren, Figur und Landschaft, das ist die immer wiederkehrende Thematik der Bilder Thomas Hartmanns. In diesen Landschaften geht es nicht um eine geographisch bestimmbare Topographie, um die Schilderung einer charakterischen Formation einer Region, ihrer Flora, Fauna, die Art ihrer Bewirtschaftung und Nutzung durch die Menschen. Sie wird auch nicht als vieldeutiges Symbol der Beziehung Mensch-Natur verstanden. Schon gar nicht geht es dem Künstler um die Gestaltungsprobleme illusionistischer Tiefe und Räumlichkeit. Ähnliche Beobachtungen machen wir beim Blick auf die Städtebilder. Es werden keine Ansichten auf touristische Attraktionen gegeben, keine metropolenhaften Wahrzeichen hervorgehoben, keine typischen Besonderheiten vorgestellt. Auch die Figuren der Gemälde verzichten auf jede Form der Individualität, sei es, daß sie einzeln, als Paare oder als Dreiergruppe auftreten. Selbst bei der Darstellung des Themas „Maler und Modell“ verzichtet Hartmann gänzlich auf jeden physiognomischen Verweis, gibt nicht einmal Andeutungen, mit denen eine Figur zu identifizieren, ihre Authentizität begründbar wäre.
Die Landschaft, ein Ausschnitt aus einer Reihe von Baumstämmen, ein Horizont über dem Wasser wird zur abstrakten Metapher. Die hektische Anomymität einer unüberschaubaren Struktur vergegenwärtigen die Städtebilder. Figur wird auf ihre block- und massenhafte Kompaktheit reduziert.
Bei aller Deutlichkeit der Figuration — Thomas Hartmann ist kein abbildender Künstler. Es geht ihm nicht um die malerische Umsetzung der in unserer empirischen Welterfahrung vorgegebenen Dingen. Das Bild ist für ihn auch nicht Verwirklichung einer Idee von gestalterischer Herausforderung oder gar prophetischer Weisheit, mit der der Betrachter belehrt werden soll.
Die Dingwelt seiner Bilder entwickelt sich aus den Gestaltungsmöglichkeiten des Malers, des Umganges mit Farbe, Pinsel und Leinwand. Seine Werke sind Ergebnisse nicht intellektueller Reflexion, die sich handwerklich umsetzen läßt, sondern malerischen Handels. Das gemalte Bild weist nicht auf die äußerliche Wirklichkeit zurück, sondern auf sich selbst.“ MaGa
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