„New in Paradise“ beim Disney Channel: Eine Frau, zwei Serien, keine Bagels
Der Disney Channel ist nun im Free TV und setzt auf Serien wie „Gilmore Girls“ und „New in Paradise“. Beide wurden von Amy Sherman-Palladino geschrieben.
Wer von „New in Paradise“ berichtet, darf von den „Gilmore Girls“ nicht schweigen. Zumal die beiden Familienserien aktuell als Doppelprogramm präsentiert werden. „Gilmore Girls“, das sind anspielungsreiche Hochgeschwindigkeitswortwechsel vor einem intellektuellen Horizont, der sich von Jane Austen über Metallica bis zur Verlegerfamilie Sulzberger (New York Times) spannte. Eine Episode „Gilmore Girls“ umfasste 70 bis 80 Skriptseiten, wo anderen 45 reichten.
Zu den Markenzeichen der mit intelligenten, selbstbewussten Frauen bevölkerten Serie gehören kunstvolle Plansequenzen: Zwei Protagonisten spazieren durch das fiktive Stars Hollow – eine altgediente Außenkulisse der Warner Brothers –, unterhalten sich, begegnen wunderlichen Mitbürgern, und manchmal steht im Vorder- oder Hintergrund der Singer-Songwriter Grant-Lee Phillips und klampft eine kommentierende Melodei, alles elegant gleitend in nur einer Einstellung gefilmt.
Die Autorin, Produzentin, Regisseurin Amy Sherman-Palladino lieferte mit den „Gilmore Girls“ ihr Meisterstück. Von 2000 bis 2007 in den USA und später auch in Deutschland waren die „Gilmore Girls“ ein Muss für Freunde der anspruchsvollen Serienunterhaltung, nebenbei zugleich Startrampe für Schauspieler wie Melissa McCarthy und Alexis Bledel.
Doch seither scheinen Sherman-Palladino und ihr im selben Metier und Geiste tätiger Ehemann Dan trotz bleibender Qualität und anhaltender Treue der Fans vom Pech verfolgt. Ihre Sitcom „The Return of Jezebel James“ mit Parker Posey wurde 2008 von zagenden Programmchefs nach nur drei Episoden verbannt. Glücklos blieb auch „Bunheads“, deren immerhin 18 Episoden in Deutschland unter dem Titel „New in Paradise“ beim seit Freitag frei empfangbaren Disney Channel gezeigt werden, der die Frequenzen von Das Vierte übernommen hat.
Viele Freiheiten, kein Geld
In den USA lief „Bunheads“/„New in Paradise“ beim ebenfalls Disney zugehörigen Spartensender ABC Family, der zwar den Palladinos weitreichende künstlerische Freiheiten, aber nur ein kleines Budget zumaß. In einem Interview mit Buzzfeed gedachte Amy Sherman-Palladino wehmütig der Jahre am Set der „Gilmore Girls“, als man sich noch habe Bagels leisten können.
Ein Abgleich mit den „Gilmore Girls“ macht die Sparmaßnahmen deutlich: weniger Schauplätze, weniger Figuren, weniger Außenaufnahmen. An klugen Drehbüchern aber mangelt es nicht, und mit Kelly Bishop, Liza Weil und Sean Gunn gehören bekannte „Gilmore“-Gesichter zum Ensemble. Die Hauptrolle ging an die preisgekrönte Musical-Schauspielerin Sutton Foster, denn die Hauptdarstellerin musste tanzen können: Michelle Simms (Foster) hat den Weg vom klassischen Ballett zum Showgirl in Las Vegas genommen.
Keine große Tragödie, eher kleine Katastrophen
In einem schwachen Moment vermählt sie sich spontan mit ihrem Dauerverehrer Hubbell (Alan Ruck) und folgt ihm in das beschauliche Örtchen Paradise. Dort warten ein schmuckes Haus, ein weitläufiges Anwesen und eine bissige Schwiegermutter. Als Hubbell kurz nach ihrer Ankunft ums Leben kommt, sind die beiden Frauen plötzlich aufeinander angewiesen.
Nicht wuchtige Tragödien, sondern nachvollziehbare, alltägliche kleine Rückschläge und Konflikte bringen die nötige Dramatik ins Geschehen. Zum Stammpersonal gehört neben anderen ein Schwarm junger Balletteusen, Fannys Schülerinnen, deren Geschichten in eigenen Handlungssträngen entwickelt werden. Auffällig hieran, dass die jungen Frauen aus dysfunktionalen Familien des gehobenen Milieus stammen und ihr Leben mit den alterstypischen Ängsten, aber sehr beherzt in die eigene Hand nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen