: Neues aus der Kita-Sackgasse
Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege veröffentlicht Gutachten zum Kita-Gesetz. GAL und SPD fordern Rücknahme des bereits in erster Lesung verabschiedeten Gesetzes. Kita-Vereinigung kündigt Tarifflucht an
Das von Bürgerschaft bereits in erster Lesung beratene Kita-Einführungsgesetz (EG-KiBeG) ist „rechtswidrig“. Zu dieser Einschätzung kommt das gestern veröffentlichte Gutachten des Rechtsanwalts Rüdiger Meier, der von der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) damit beauftragt worden war, die Vereinbarkeit mit bestehenden Gesetzen zu überprüfen. Die AGFW sowie die Fraktionen von GAL und SPD appellierten deshalb gestern an die CDU-Abgeordneten, der für den 27. Oktober geplanten zweiten Lesung des Gesetzes im Landesparlament nicht zuzustimmen.
Über wesentliche Einwände des Juristen hatte die taz bereits in der gestrigen Ausgabe berichtet. So hätte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die bestehenden Verträge mit den Kita-Trägern im Juni gar nicht kündigen dürfen, weil allein das Bestreben, die Kosten zu senken, keinen triftigen Grund darstelle. Die zum Jahresende verfügte Kündigung, argumentiert Jurist Meier, dürfte deshalb „unwirksam“ sein. Zudem dürfe die Behörde auch nicht, wie nach dem EG-KiBeG vorgesehen, die Standards per Rechtsverordnung senken – dies verstoße nämlich gegen die im Grundgesetz verankerte „Trägerautonomie“. Lediglich die Festlegung von „Mindeststandards zum Schutze der Kinder“ sei auf diese Art möglich.
Insgesamt sieht Rechtsanwalt Meier, der erst kürzlich erfolgreich gegen die Umsteuerung der Jugendhilfe geklagt hatte, gute Chancen für die Kita-Träger, vor Gericht zu gewinnen. Die AGFW forderte gestern die Sozialsenatorin auf, das „Schreckgespenst“ EG-KiBeG zurückzunehmen und endlich normale Verhandlungen zu führen. „Ich bin sicher, die Anhörung vor dem Jugendausschuss der Bürgerschaft am 22. Oktober wird weiter verdeutlichen, wie überflüssig und falsch dieser Gesetzesentwurf ist“, erklärte AGFW-Geschäftsführer Michael Edele. Die Behörde sollte jetzt das ihr vorliegende Gutachten von Professor Christian Bernzen veröffentlichen, das dem Vernehmen nach zu dem gleichen Ergebnis kommt.
„Die Zeit der Taktiererei auf Kosten von Kindern, Eltern und Kita-Beschäftigten muss jetzt vorbei sein. Die Sozialsenatorin muss endlich ihren Blockadekurs verlassen“, forderte auch die SPD-Abgeordnete Andrea Hilgers. Die Ressortchefin müsse jetzt „das Chaos qua Gesetz“ beenden und endlich wieder für Berechenbarkeit in der Kita-Politik sorgen.
„Schnieber-Jastram hat die Kindertagesbetreuung in eine Sackgasse gesteuert“, monierte auch die GAL-Abgeordnete Christiane Blömeke. Nun könne es nur den Ausweg geben, „mit angemessenen Finanzierungsangeboten“ an den Verhandlungstisch mit allen Kita-Trägern zurückzukehren. Zudem fordert die Opposition vom Senat die Offenlegung des behördeneigenen Gutachtens. Einige Deputierte der Behörde wollen offenbar schon heute einmal Akteneinsicht nehmen.
Unterdessen kündigt das „Bündnis der Beschäftigten in Hamburger Kitas“ Arbeitsniederlegungen an. So sei zu befürchten, dass durch das EG-KiBeG jede vierte der 15.000 Stellen im Kita-Bereich wegfällt. Allein bei der städtischen Vereinigung der Kindertagesgestätten seien 1.200 Arbeitsplätze in Gefahr. Zudem plane deren Geschäftsführung, aus der „Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg“ (AVH) auszutreten. Damit wäre sie nicht mehr an den Bundesangestelltentarif (BAT) gebunden.
Entsprechende Pläne hat die Geschäftsführung in der hauseigenen Zeitschrift Stadtkinder veröffentlicht. Dem mit 174 Kitas größten Träger der Stadt drohen bei Inkrafttreten des Kita-Einführungsgesetzes Einbußen von bis zu 36 Millionen Euro.Kaija Kutter