Neues Werkzeug für Wirtschaftsförderer: Lösung eines Problems, das es nicht gibt
Als letztes Bundesland soll Hamburg eine Investitionsbank erhalten. Dafür soll die Wohnungsbaukreditanstalt (WK) um- und ausgebaut werden.
HAMBURG taz | Es klingt paradox: Die zum globalen Wirtschaftscrash ausgeuferte Bankenkrise ist kaum im Abklingen, die HSH-Nordbank derzeit ein Millionengrab und neue Turbulenzen stehen durch die Euro-Krise bereits bevor - und was plant Hamburg? Die Gründung einer Bank.
Um Mittelstand und Existenzgründer besser zu fördern, will die Landesregierung ihre Wohnungsbaukreditanstalt (WK) zu einer Investitionsbank umgestalten. Einen solchen Umbau hat vor kurzem die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft beschlossen. Sie forderte den Senat auf, bis zum Jahresende ein Konzept für eine solche Bank zu skizzieren und auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Investitionsbank Schleswig-Holstein - bis hin zur Fusion - zu prüfen.
Dabei verweist die SPD darauf, dass Hamburg das einzige Bundesland sei, indem keine Investitionsbank existiert. Beratung und Wirtschaftsförderung vor allem für kleine und junge Unternehmen, bis hin zur Firmengründung, müsse die Hauptaufgabe einer solchen neuen Bank sein. Denn eine zentrale Förder-Anlaufstelle für Firmen gibt es in Hamburg bislang nicht, dafür aber ein undurchschaubares Dickicht von weit über 40 verschiedenen staatlichen Förderprogrammen für Existenzgründer und Mittelständler.
Seit die SPD die Bankgründung beschlossen hat, streiten die Wirtschaftsverbände und die Bürgerschaft über Sinn und Unsinn, Chancen und Gefahren einer solchen Gründung. Handelskammer-Chef Hans-Jörg Schmidt-Trenz bezeichnet eine Investitionsbank als "gute Lösung für ein Problem, das es in Hamburg gar nicht gibt". Da es hier keine Kreditklemme gebe, bestehe nur Bedarf für eine Beratungsstelle, die die Unternehmen über passgenaue Förderprogramme berät, nicht aber für eine neue Bank. Die CDU fordert daher eine Bedarfsanalyse, in der geklärt wird "welche Alternativen einer optimierten Mittelstandsförderung jenseits einer Bankneugründung bestehen".
Niedersachsen: Die Investitionsbank Niedersachsens ist die Nbank mit Sitz in Hannover, die Anfang 2004 ihr Geschäft aufnahm. Die Anstalt öffentlichen Rechts gehört zu 100 Prozent dem Land und verfügt über weitere Geschäftsstellen in Braunschweig, Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück.
Schleswig-Holstein: Die Investitionsbank (IB) unterstützt das Land Schleswig-Holstein als zentrales Förderinstitut in der Umsetzung wirtschafts- und strukturpolitischer Aufgaben. Mit über 480 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden mehr als 60 Programme und Produkte betreut.
Bremen: Die Bremer Aufbau-Bank ist eine hundertprozentige Tochter der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Sie bietet seit 2001 Kredite an und war 2010 mit einem Eigenkapital von rund 137 Millionen Euro ausgestattet.
Die anderen Oppositionsparteien im Rathaus sind nicht grundsätzlich gegen eine Bankgründung, warnen aber vor "schwer kalkulierbaren Risiken". So sieht der GAL-Wirtschaftsexperte Anjes Tjarks vor allem Risiken in einer Kooperation mit Schleswig-Holstein, da dessen Investitionsbank stark im Immobiliengeschäft des Landes involviert sei, dieser Markt aber aufgrund der hier schrumpfenden Bevölkerung nicht gerade krisenfest sei. Als "Lehre aus der HSH-Nordbank-Krise" müsste zudem ein effektives Risikomanagement installiert werden, damit nicht am Ende wieder der Steuerzahler bluten müsse.
Der FDP-Fachsprecher Thomas Kluth weiß nur, dass er nichts weiß: Die konkrete Ausgestaltung der neuen Bank liege noch im Dunkeln. Warum gerade die WK zur Förderbank ausgebaut werden solle, sei nicht ersichtlich. Und Joachim Bischoff von der Linkspartei warnt: "Mit der HSH Nordbank hat Hamburg jede Menge ungelöste Probleme und nicht bezifferbare Risiken in den Büchern. Eine weitere Bank würde diese Probleme nicht geringer machen."
Einig sind sich alle Parteien nur in einem: Eine Expertenanhörung Anfang 2012 sei notwendig, um die offenen Fragen zu klären - und herauszufinden, ob Hamburg wirklich noch eine weitere Bank braucht.
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