piwik no script img

Neues Stasi-UnterlagengesetzSammelklage gegen Versetzungen

Mit der Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sollen auch 45 ehemalige Mitarbeiter des Geheimdienstes versetzt werden. Mit einer Sammelklage wollen sie sich wehren.

Ex-Stasi-Mitarbeiter sollen gehen: Behördenchef Jahn im ehemaligen Stasi-Gefängnis in Rostock. Bild: dpa

BERLIN afp | Die 45 von Versetzung bedrohten ehemaligen Stasi-Mitarbeiter in der Unterlagen-Behörde des Bundesbeauftragten Roland Jahn bereiten eine Sammelklage vor. Das berichtete die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung am Mittwoch unter Berufung auf Behörden- und Koalitionskreise.

Der Unions-Kulturexperte Marco Wanderwitz bestätigte dies dem Blatt und sagte: "Wenn gutes Zureden nicht hilft, dann wird man darüber hinausgehen und zu Versetzungen kommen müssen." Wenn es dann zu Klagen komme, "dann müssen wir es darauf ankommen lassen". Allerdings sei damit zu rechnen, dass der Rechtsstreit mehrere Instanzen durchlaufe, nämlich das Landesarbeitsgericht, das Bundesarbeitsgericht und schließlich das Bundesverfassungsgericht.

Vorerst würden noch keine Versetzungen vorgenommen, fügte Wanderwitz hinzu. Denn zunächst müsse die am 30. September beschlossene Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, das die Versetzung ermögliche, den Bundesrat passieren. Zum Jahresanfang 2012 könne es dann offiziell in Kraft treten.

Die entscheidende Bundesratssitzung findet den Angaben zufolge am 4. November statt. Bisher stünden für die 45 Ex-Stasi-Leute, die in ihrer übergroßen Mehrheit nicht freiwillig gehen wollten, 19 freie Stellen in anderen Bundesbehörden bereit. Der Bundestag hatte das Gesetz mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition beschlossen, obwohl die Bundesregierung zuvor Bedenken dagegen erhoben hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • S
    Stefan

    Ich verfolge die Medienberichterstattung über die Thematik schon seit mehreren Jahren. Andere Informationsquellen habe ich leider nicht.

     

    Soweit ich das verstanden habe, waren die derzeit noch beschäftigten Ex-Mitarbeiter des MfS weder vor 1989 noch danach in verantwortlichen Stellen tätig. Sie waren keine Spitzel, die Menschen ihrer Umgebung belauschten und verrieten, keine Verhörspezialisten, die Insassen des Gefängnisses zermürbten bis an die Grenze der psychischen Folter, nicht mal einfache Schließer waren sie. Ihre Aufgabenbereiche scheinen untergeordnet, weisungsgebunden und technisch gewesen zu sein. In den letzten 20 Jahren haben sie sich nichts zu Schulden kommen lassen und ihren bescheidenen Beitrag zur Arbeit der Behörde geleistet. Was man ihnen vorwerfen kann, ist dass sie den selben bescheidenen Beitrag auch schon vor 1989 zur Arbeit des MfS geliefert hatten.

     

    Hier setzt jetzt ein Abwägungsprozess ein, in den nicht nur dieser winzige Anteil an der Arbeit der Stasi einfließen muss, sondern auch die seither vergangene Zeit, denn schließlich kennt das deutsche Recht Verjährungsfristen. Während also inzwischen außer Mord alles verjährt wäre, müssen diese Ex-Mitarbeiter der Stasi nach 20 Jahren immer noch mit Sanktionen rechnen.

     

    Nun scheint auf beiden Seiten der Auseinandersetzung eine Überhöhung dieser Frage stattzufinden. Ehemalige Stasi-Opfer scheinen über diese Auseinandersetzung zu vergessen, dass der deutsche Umgang mit den Stasi-Akten beispiellos ist, verglichen mit anderen Transformationsstaaten. Die Klage der betroffenen Mitarbeiter scheint mir von einer ähnlichen Überhöhung der Frage geprägt zu sein: ist doch letztlich egal, auf welcher unkündbaren, untergeordneten Stelle im öffentlich Dienst sie ihrer Rente entgegenreifen.

     

    Meiner Meinung nach ist das neue Gesetz, dass die Versetzungen erlauben soll Rechtsbeugung und Teil des bundesdeutschen Abgrenzungsgebaren: ein geschichtspolitischer Akt, der bestrebt ist Grauzonen auszulöschen und dort absolute Gegensätze zu konstruieren, wo es in der gesellschaftlichen und politischen Praxis nur graduelle Unterschiede gab. Dennoch denke ich, dass "um des lieben Friedens willen" und eingedenk der Tatsache, dass die Ex-Stasimitarbeiter nun mal doch auch für eine Unterdrückungsinstanz gearbeitet haben, sie die Versetzungen akzeptieren und statt zu klagen ein Buch schreiben sollten, welches die geschichtspolitischen Irrläufe der BRD offen legt.

     

    Im Übrigen lehne ich jeden wohlfeilen Vergleich mit dem bundesrepublikanischen Umgang mit den Nazis ab, denn schließlich war die DDR eine Diktatur, aber kein faschistisches Menscheitsverbrechen wie das Dritte Reich.

  • HM
    Heinz Meyer

    es ist ein Skandal, das solche Leute überhaupt in einer Behörde arbeiten dürfen. Wer ist dafür verantwortlich?

  • S
    Stefan

    Keine Scham und keinen moralischen Kompass, die Jungs. Vielleicht sollten sie auf Gleichstellung klagen, weil einige Nazis am Anfang unserer Republik auch durch die Maschen der Entnazifizierung geschlüpft sind.

  • W
    Wertkonservativliberaler

    Lustig, diese Stasis, sie sind "von Versetzung bedroht" - wohlgemerkt unter vollen Bezügen!

     

    Nicht auszudenken, wie diese Stasis mit Wessis umgesprungen wären, wenn die Story andersrum gelaufen wäre.

     

    Lächerlich biedere Stasis.

  • Y
    yberg

    meine sympathien hamn die kläger.diese deutsche gesinnungslegislative,die heute noch nicht,die durch sklavenarbeit geschaffenen werte krupp,klatten u.a.,und die besitztümer der ermorderten und verjagten voreigentümern den derzeitigen eigentümern vollständig entzogen hat,macht sich als racheinstanz schuldig.

     

    da mauscheln big money u.a.beitz/krupp mit obercheffe honie,franz josef dito einschließlich jagd und sonstiger vergnügungen und die kleinen wern nach 20 jahren gedrückt.

     

    besser wärs die wiedervereinigungsganoven und die geldströme beim häftlingsfreikauf anzukucken und die verantwortlichen für fehlhandlungen zur rechenschaft zu ziehen.

     

    dazu fehlt jedoch der politische wille..