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Neues SchulkonzeptCDU begräbt Hauptschulen

Künftig soll es nach dem Wunsch der CDU nur noch zwei Schulformen geben: das Gymnasium und die Oberschule. Unumstritten ist das nicht.

Hauptschule ade: Die Bundes-CDU will das dreigliedrige Schulsystem aufgeben. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der CDU-Vorstand hat ein neues Schulkonzept ohne Hauptschulen beschlossen. Danach kehrt auch die CDU vom dreigliedrigen Schulsystem ab und tritt für den Erhalt des Gymnasiums sowie die Schaffung einer neuen Oberschule ein, die Haupt- und Realschule vereint. Der CDU-Vorstand billigte den Konzeptentwurf am Montag in Berlin bei einigen Enthaltungen nach dpa-Informationen von Teilnehmern einstimmig. Das Papier war von Bundesbildungsministerin Annette Schavan und Sachsens Kultusminister Roland Wöller erarbeitet worden.

Die endgültige Entscheidung fällt ein Bundesparteitag Mitte November in Leipzig. CDU-intern sind die neuen schulpolitischen Vorstellungen umstritten, weil ein Teil der Mitglieder die Aufgabe der Hauptschule für einen Fehler hält. Hier könnten Schüler individuell gefördert werden, heißt es. Anderen Schulpolitikern in der Union wiederum geht der Vorstandsbeschluss nicht weit genug. Sie plädieren unter anderem für Gesamtschulen, die ein längeres gemeinsames Lernen der Jugendlichen ermöglichten.

Unterstützung für das neue Schulkonzept bekam die CDU-Spitze aus den Ländern. Die Vorschläge gingen "absolut in die richtige Richtung", sagte der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) am Montag vor den Beratungen in den CDU-Spitzengremien in Berlin.

Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) sagte, in ihrem Land habe es Hauptschulen gar nicht gegeben. "Deswegen: Was in Thüringen gut geht, warum soll das nicht auch woanders gehen?" McAllister sagte, Deutschland werde sich "auf ein Zwei-Säulen-System hinbewegen." Dazu gehöre ein Modell, das Haupt- und Realschule zusammenfasst, "wenn es die kommunalen Schulträger und die Eltern vor Ort wollen". Auf der anderen Seite sei wichtig, "dass das klassische Gymnasium als eigenständige Schulform erhalten bleibt."

Der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef Norbert Röttgen begrüßte das Konzept im Grundsatz. Es diene dazu, dass angesichts sinkender Schülerzahlen "ein ortsnahes Angebot auch an Auswahlmöglichkeiten von Schulen, Schulangeboten aufrechterhalten" werden könne.

Die NRW-CDU will die Hauptschulen jedoch nicht aufgeben. "Da, wo die Hauptschule noch funktioniert, da soll sie weiterlaufen", sagte Generalsekretär Oliver Wittke im WDR. Wo dies nicht mehr der Fall sei, "soll sie auch die Möglichkeit haben, mit der Realschule zusammenzugehen".

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6 Kommentare

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  • S
    Schorse

    @ von nelle:

     

    Was verstehen Sie denn unter einer nach Leistungen differenzierten Gesamtschule?

     

    Wir haben das Jahr 2011!

    Menschen mit Behinderungen fordern Inklusion!

    Das betrifft auch das Schulwesen.

     

    Es ist inzwischen allgemein anerkannt, wenn auch lange noch nicht umgesetzt, dass Menschen mit Behinderungen ein Recht darauf haben, dass sie die selbe Schule, die selben Klassen besuchen können wie Menschen "mit ohne Behinderungen"!

     

    Das gegliederte Schulwesen schließt jedoch nicht nur Menschen mit Behinderungen aus und "bugsiert" sie auf div. sog. Förderschulen (früher Sonderschulen). In der Mehrzahl sind das sogar Kinder, die gar keine Behinderung haben, sondern denen eine "angedichtet" wird, weil sie aus verschiedenen Gründen den Lehrern in der Regelschule nicht angenehm sind.

     

    Darüberhinaus gibt es aber sogar innerhalb der sog. Regelschulen, die zu besuchen sogar Kinder mit echten Behinderungen (z. B. Down-Syndrom) ein Recht haben, institutionalisierte Ausgrenzungsmechanismen (Schullaufbahnempfehlungen, Möglichkeit des "Abschulens").

     

    Das wird nicht besser, wenn man wie von nelle eine nach Leistungen differenzierte Gemeinschaftsschule fordert, zumindest dann nicht, wenn diese Leistungsdifferenzierung so aussieht wie an einer Kooperativen Gesamtschule, nämlich ein Festhalten an Schulzweigen, die aus pragmatischen Gründen unter einem Dach untergebracht werden.

  • N
    nelle

    @ Querulant

     

    Zustimmung. Man könnte auch allen SchülerInnen direkt das Abitur geben, dadurch erhöhen sich eventuelle Leistungen auch nicht ... eher das Gegenteil tritt ein.

     

    Es gibt zwar gute Gründe gegen die Hauptschule (Demografie - bes. in ländlichen Gegenden; auch die gestiegenen formalen Anforderungen an den Schulabschluss - Wer stellt noch Hauptschüler ein?), aber ich denke, hier sollen primär Kosten und wohl auch Personal gespart werden. Übrigens zu Lasten der betroffenen Kinder und Jugendlichen.

     

    Ich plädiere weiterhin für eine nach Leistung differenzierte Gemeinschaftsschule.

  • F
    franziska.qu

    Es ist zwar Hip, allerdings nicht durchdacht. Der häufige Verweis der Fans auf Finnland ist Bauernfängerei, dort ist die Schulrealität eine andere.

    Bisher gibt es keinerlei Hinweise für die Vorteile, die in D versprochen werden.

    Es gibt keinerlei Hinweise, dass dieses Modell zum Vorteil der Schüler ist. Wieso wird das Gymnasium nicht ebenfalls Vergesamtschult? Wessen Kinder gehen wohl aufs Gymnasium (oder gleich auf Privatschulen) und werden 'Elite'? Richtig. Der Rest? Wessen Schulabschlüsse werden entwertet? Wer muß durch diese Gesamtschulen? Realität statt Ideologie gefällig? Gugg a mol do:http://www.welt.de/politik/deutschland/article13437242/So-chaotisch-geht-es-an-deutschen-Schulen-zu.html.

    Ansonsten reflektiert keiner der Fans die Realität. Wenn dieses Schulmodell bereits in fast allen Bundesländern angewandt wird, wieso sind dann die Mißerfolge bei der Zielgruppe, den Schülern nämlich, dermaßen und stets zunehmend so gravierend? Jeder 4. Jugendliche im Alter von 15 in D hat Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben, Rechnen, Probleme mit der Ausbildungsfähigkeit usw.Und diese glorreichen Ergebnisse sind ja in keinster Weise auf Bayern und (bisher) Ba-Wü beschränkt. Im Gegenteil. Also-wo bleibt der Erfolgsnachweis? Oder geht es darum gar nicht, sondern auf Kosten der Kinder um - Ideologie?

  • UK
    Uwe Korpat

    Wenn das nicht das alte DDR-Schulsystem ist.Darf man aber nicht sagen.Sonst ist es gleich wieder vom Tisch.Jetzt müssen die ersten 8 Jahre nur noch gemeinsam verbracht werden.Und nach dem Abi erstmal nen odentlichen Facharbeiter.Und danach zur NVA eh Bund. Hauptsache System,

    sonst funktionieren die später nicht oder lassen nicht die Anderen für sich schuften.Als hätte ein lernbehindertes Kind eine Wahl der Schulform.Das Spektrum unseres Schulsystems wird nach wie vom Verlierer zum anerkannten diplomierten Nichtstuer´s alles möglich machen.Wer soll denn sonst nachts am Band stehen.Das wissen die von der CDU am besten.

  • S
    Schorse

    Kommt in Niedersachsen ein Kind aus der Grundschule in die weiterführende Schule, dann stehen ihm und den Eltern zur Wahl:

    1. Die Förderschule (Die gibt es in über zehn Formen, die am häufigsten besuchte Form ist die Förderschule Lernen (früher Sonderschule für Lernbehinderte genannt). Der Besuch erfolgt in der Regel jedoch nicht freiwillig, sondern wird Kindern und Eltern aufgezwungen.)

    2. Die Hauptschule (Für diese Schulform entscheidet sich ebenso fast niemand freiwillig, aber es gibt immer noch einige Eltern, die sich auf die äußerst fragwürdig zu Stande gekommenen "Schullaufbahnsempfehlungen" der Grundschulen verlassen und ihren Kindern den Besuch der Hauptschule zumuten. Zum anderen Teil rekrutieren die Hauptschüler ihre Schülerinnen und Schüler aus der Gruppe derer, die von sog. "höheren Schulformen" = Gymnasium,Realschule abgeschult werden.)

    3. Die Realschule

    4. Die Haupt- und Realschule (Eine Kooperationsform von Haupt- und Realschule unter einem Dach mit teilweise gemeinsamen Unterricht)

    5. Die KGS=Kooperative Gesamtschul (Eine Kooperationsform von Haupt- und Realschule und Gymnasium unter einem Dach, aber mit getrennten Schulzweigen)

    6. Die Oberschule (Neu in Niedersachsen und ähnlich wie die KGS aufgebaut, allerdings sind die Spielräume für gemeinsamen Unterricht der Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Schulzweige weiter gefast als bei der KGS, d. h. die Schulen haben die Freiheit mehr gemeinsamen Unterricht zu ermöglichen, müssen das aber nicht tun, sondern können auch die Schulformen rigoros voneinander abtrennen.)

    7. Das Gymnasium (Das ist die Schulform, die das Recht auf freie Schulwahl dadurch ad absurdum führt, dass es den Gymnasien erlaubt ist, Kinder "abzuschulen", wenn sie bestimmten Leistungsanforderungen nicht gerecht werden.

    8. Die IGS (Integrierte Gesamtschule)

    Die Schulformen 1.-7. existieren aus einem einzigen Grund: Das Gymnasium will an seinem "traditionellen Recht" festhalten, missliebige Schülerinnen und Schüler "rechtmäßig" der Schule verweisen zu können, obwohl diese nichts anderes "verbrochen" haben, als nicht ganz so gute Noten zu erzielen, wie andere Schülerinnen und Schüler.

    Die Vielzahl der Nicht-Gymnasium-Schulformen soll ferner den Eindruck von Wahlfreiheit erwecken, diese Wahlfreiheit existiert jedoch faktisch nur von "oben nach unten". Wenn man denn das Gymnasium dabei als "oben" bezeichnen möchte. Tatsächlich jedoch ist das Gymnasium eine Paukanstalt im schlechtesten Sinne, dass seine Beliebtheit daraus ableitet, dass es elitären Klassen der Gesellschaft die Garantie gibt, unter sich zu bleiben.

    Die IGS=Integrierte Gesamtschule ist die einzige Schulform, die sich bewusst für mehr Integration entschieden hat, aber die Gründung weiterer IGS'en wird in Niedersachsen trotz vieler Eltern, die diese Schulform für ihre Kinder anstreben und keine entsprechenden Schulplätze vorfinden, von der Landesregierung blockiert. Unter anderem für die Zulassung von mehr IGS'en kämpfen die niedersächsischen Eltern mit dem "Volksbegehren für gute Schulen"!

  • Q
    Querulant

    Problemverlagerung nennt man sowas wohl...